Kommentar: Auf Zeit spielen ist gefährlich

Der White Cube auf dem Schlossplatz kommt später. Den Initiatorinnen der temporären Kunsthalle stünde ein wenig Realismus gut.

Es ist eine Binsenweisheit, dass der, welcher sich zu weit aus dem Fenster lehnt, Gefahr läuft, runterzufallen. Es gehört aber auch zum Geschäft, dass, wer nichts wagt, auch nichts gewinnt. Coco Kühn und Constanze Kleiner haben im Sinne des Letzteren bisher agiert. Sie haben mit ihrem White-Cube-Projekt alles riskiert. Und gewonnen. Dass der temporäre Kunsttempel am Schlossplatz im Frühjahr eröffnen sollte, war ebenfalls gepokert. Aber zu hoch, wie sich jetzt herausstellt. Laufen Kühn und Kleiner jetzt Gefahr, abzustürzen? Wohl kaum.

Nichts deutet darauf hin, dass White Cube sich in den Reigen anderer unendlicher Berliner Baugeschichten - wie etwa der Topographie des Terrors - einreihen wird. Es fehlt nicht an Geld, nicht am Architekten, nicht an Seriosität. Die beiden Kuratorinnen waren schlichtweg zu naiv, in Unkenntnis des Ortes und wahrscheinlich noch im Siegestaumel über die "Wolke", als sie die temporäre Kunsthalle Ende 2007 schon mal zur 5. Biennale 2008 aufmachten.

Dass White Cube im Frühjahr nicht kommt, ist schade. Die eigentliche Gefährdung für das Projekt geht aber nicht vom Eröffnungsdatum - ob Biennale oder Kunstherbst - aus, sondern hängt von der Dauer und Zeit der Kunsthalle vor Ort ab. Erfolgreich ist sie nur, wenn sie zwei Jahre bespielt wird. Diese Zeit ist nötig, sich zu etablieren, zu profilieren und um gute Ausstellungen zu machen. Und: Zwei Jahre braucht das Projekt auch, sein Geld wieder einzuspielen. Kühn und Kleiner sollten daher nicht mit PR-gackigen Terminen spekulieren, sondern den Laden aufmachen, sobald es geht. Denn bis 2010 ist die Zeit knapp.

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Rolf Lautenschläger hat Kunstgeschichte und Germanistik studiert. Als Autor und seit 1993 als Redakteur der taz kümmert er sich intensiv und leidenschaftlich um die Themen Stadtplanung und Architektur alias Abriss und Aufbau.

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