Deutschland gegen Österreich: Schlechtes Spiel mit Pausenklinsmann

Nach dem 3:0 gegen Österreich sammelt Bundestrainer Joachim Löw neue Erkenntnisse. Besonders froh ist der Taktikflüsterer, dass er einen adäquaten Pausenklinsmann gefunden zu haben scheint.

Joachin Löw mit seinem Pausenklinsmann Ballack beim Spiel gegen Österreich Bild: rtr

Nun wird sie also weitergehen, die Diskussion, ob Deutschland nun Top-Favorit (Franz Beckenbauer) auf den EM-Titel ist oder nur Mitfavorit (Joachim Löw). Die Nationalmannschaft hat wieder gewonnen. Und ihr ist beim 3:0 im Test gegen Österreich schier Unglaubliches gelungen. Die deutsche Auswahl hat lange hundsmiserabel gespielt im Wiener Ernst-Happel-Stadion und die Arena doch mit gestärkten Selbstbewusstsein verlassen.

Es war beileibe nicht das erste Mal, dass eine deutsche Mannschaft gewonnen hat, obwohl sie schlechter war als der Gegner. Und doch war es keiner dieser glücklichen Siege, derentwegen der deutsche Auswahlfußball beinahe allüberall auf dem Globus gefürchtet ist. Die Deutschen haben zwar lange gebraucht, um eine Idee zu entwickeln, wie das Spiel doch noch gewonnen werden kann, aber sie haben sie am Ende gefunden.

Da fällt es natürlich leicht, dem überraschend starken und engagierten Gegner gönnerhaft auf die Schultern zu klopfen. "Das Ergebnis gibt nicht den Spielverlauf wieder", sagten nach dem Spiel, als hätten sie den Wortlaut schon in der Pause abgesprochen, Joachim Löw, Thomas Hitzelsperger, Michael Ballack und Miroslav Klose. Die Österreicher brauchten allerdings keine Streicheleinheiten vom Gegner. Sie waren so schon zufrieden genug mit sich. Teamchef Josef Hickersberger schien selbst erstaunt über die Erkenntnis, die er aus dem Spiel gezogen hat: "Wir haben gesehen, dass wir mithalten können." In Österreich scheint nun doch die so lange vermisste EM-Euphorie aufzukommen - nach einem 0:3 gegen Deutschland.

Über die fehlende Vorfreude auf die Europameisterschaft hatte sich auch der deutsche Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff unter der Woche so seine Sorgen gemacht. Bis zum 1:0 durch Thomas Hitzelsperger sah es am Mittwoch so aus, als wären diese nur allzu berechtigt. Schon lange nicht mehr hat eine deutsche Mannschaft einen derart lustlosen, ja, auch hilflosen Auftritt hingelegt. Richtig wütend wurde Joachim Löw auf der Bank und beruhigte sich erst dann, als das ins deutsche Spiel kam, woran er, wenn er denn Zeit genug mit der Mannschaft hat, so akribisch feilt: Organisation und Abstimmung sind nicht umsonst zwei der Lieblingsvokabeln von Löw, der seine Gelassenheit schnell wiedergefunden hat, als er gesehen hat, dass die Mannschaft es doch noch versteht, mit Verstand zu spielen.

Und auch wenn in Deutschland wieder eine große Torwartdebatte anfinge, was nach dem Auftritt von Jens Lehmann, dem schlechtesten eines Keepers im Nationaltrikot seit langem, nicht verwundern würde, der Bundestrainer lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Er ist sich sicher, dass er es bis zum Beginn der Europameisterschaft schaffen wird, die Automatismen, von denen er so gerne spricht, rechtzeitig einzustudieren. Beim Spiel gegen die Österreicher hat er gesehen, wie viel zu tun ist. Das Löwsche System ist alles andere als stabil. Eine kleine Überraschung in des Gegners Spielanlage genügte, um die Deutschen völlig aus dem Konzept zu bringen. Das Österreichische 3-5-2-System mit zwei Außenbahnläufern im Mittelfeld hat die Deutschen zunächst überfordert. Gut, Christoph Metzelder ist verletzt, Clemens Fritz und Marcel Jansen fehlten auch. Die Abwehr musste neu formiert werden, der Debütant Heiko Westermann auf rechts wurde ins kalte Wasser geworfen. Und doch bleibt für Löw die Erkenntnis, dass die Spieler in ihren Klubs taktisch nicht so gut vorbereitet werden, dass man sie bloß aufs Spielfeld zu stellen braucht. Sie müssen vom Bundestrainer an die Hand genommen werden und alles, was Joachim Löw will, von Grund auf lernen.

"Wichtige Erkenntnisse" hat der Bundestrainer in Wien gewonnen. Nach denen entwickelt er nun seinen Plan für die Turniervorbereitung, die am 19. Mai auf Mallorca beginnt. Wie er sich seine deutsche Mannschaft vorstellt, das hat er schon im Kopf. "Es gibt einen klaren Masterplan für uns", hat er in Wien gesagt. Darin spielt auch sein Mastermind im Team eine entscheidende Rolle. Michael Ballack hat bei seinem ersten Auftritt mit der Nationalmannschaft seit knapp elf Monaten erst spät ins Spiel gefunden. Und doch hat er eine Rolle, die ihm Löw zugedacht hat, zur vollsten Zufriedenheit erfüllt. Er war es, der die Mannschaft, so hat es der Bundestrainer berichtet, in der Pause mit klaren Worten auf Kurs gebracht hat. "Ich bin froh, dass er wieder dabei ist." Der Taktikflüsterer Löw hat in seinem Kapitän einen Kabinenprediger gefunden. Ballack gibt den Pausenklinsmann. Auch so eine Erkenntnis.

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