die wahrheit: Nougat oder Norbert

Plädoyer für die farbliche Neugestaltung von Gebrauchsgegenständen.

Am vergangenen Wochenende fand in Zürich eine internationale Tagung der Designer und Design-Kritiker statt. Für besonderes Aufsehen sorgte ein Vortrag des weltbekannten Designers Dieter Krömme, den wir an dieser Stelle in Auszügen dokumentieren. Nach seinem "Plädoyer für die farbliche Neugestaltung von Gebrauchsgegenständen" wird, da sind sich alle Experten längst einig, die Welt anders aussehen.

Vergessen Sie alles bisher Gesagte! Fassen wir die Entwicklung des modernen Designs einfach folgendermaßen zusammen: Ein Raum der Stulle muss nicht immer sandfarben sein! Ein Museum der Pelle aber immer bernstein. Für englische Wurstteller ist dagegen "schilf" grundsätzlich eine sichere Wahl. Schöpfkellen überzeugen von nun an in "wolltee", "steinsalz" oder "saft", Tranchiermesser in "pirsch", "breit" oder "stuhl". Bei Kaffeekannen entscheidet man sich dagegen am besten für frische Mischtöne wie "mikado" oder einfach "lutz".

Herrenhausschuhe wagen sich ab heute an "bremsspur", "brehms natur" oder "brahms violinkonzert in e-dur". Schuhwärmer beglücken in "nougat", "nobelpreis" und "norbert". Beistelltischchen, Nasenflügel und Elfenheber gewinnen uns dagegen in "hand und fuß", "haut und haar" sowie "herz und hand".

Deckenstreifen wirken grundneu in "hölderlin", "eichendorff" oder "brecht". Für Treckerreifen empfiehlt sich "promenade" oder "atelier". Tragflächen sollten ab jetzt weniger zementen erscheinen, dafür mehr ins Erbsige gehend, Hirsige oder auch Püree. Im Bereich der Feinrippunterwäsche vertraut der geübte Kunde künftig auf "larmoyant" und "latent", während im Freizeitbereich Luftmatratzen in "standbein" und "spielbein" besonderen Anklang finden. Teewagen sind außergewöhnlich ansprechend in "lettland", "estland" und "ödland". Bei Hörgeräten gefallen vor allem "dröhnton", "detonation" und "demenz".

Zahnpastaspender erwirbt man am besten in "raum und zeit", Mundwasserschälchen in "wille und vorstellung", Seifendosen in "delirium" oder "zenit". Fernsehsessel erhält man dagegen schon bald in "nacken", "schenkel" oder "zeh", gern auch in "bauch" oder "beine".

Schwindpfannen, Schwundwannen, Schwelltöpfe und Schwirrkessel erfreuen vor allem in den Farben "bremen", "delmenhorst" und "lüneburg". Das Hochorgan Ziervase sollte in "schemel" gewählt werden, das Hohlorgan Zerrblase nur noch in "schmilz" oder "schmelz", das Hornorgan Zornwarze in "schmetter", "schmirgel" oder schlicht "schmerz".

Geschmackvolle Mitbringsel sind Breitbandfelsen in "wand", "wal" oder "streusand", formschöne Fersenverbreiter in "zentral", "mitte" und "hals" sowie gepresste Fellbesen in "streusel".

Wer das Außergewöhnliche sucht, entscheidet sich für Teebeutel in "drahtgeflecht" oder "diesel", Handtuchhalter in "robbespierre" und "roastbeef" oder Laufschuhe in "paketband" und "kordel". Für den Individualisten empfehlen sich Tretroller aus finnischer Steintanne in "taub", "schnell" und "unerhört" sowie elegante MP3-Player in "objekt und suspekt" oder einfach "film". Dazu immer gern genommen: linksgestrickte Herren-Handtaschen in "schon gut", "nee, is klar" und "wenns sein muss".

Auch im handwerklichen Bereich entwickelt sich was: Akku-Schrauber in "nacht" und "nebel", Dübel in "hals" und "über kopf" sowie Sägeblätter in "fisch". Lange Zeit belächelt: Schwenkkräne, Leuchttürme und Luftkissenfahrzeuge in "aspik" und "pfalz". Sie präsentieren sich ab sofort in den Modefarben "wand", "durchbruch" und "außendienststelle". Das - und nur das ist das Design von übermorgen.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.