In Südamerika wird Erdgas knapp: Haushalte ohne Strom

Die Versorgung mit Energie in Argentinien, Brasilien und Bolivien ist unsicher. Auch ein Energiegipfel der Staatspräsidenten konnte das nicht lösen

Unter PräsidentInnen: Lula da Silva, Cristina Kirchner, Evo Morales (v.l.). Bild: ap

"Die Wirtschaft in unseren Ländern wächst, und wir alle brauchen Energie." Die Botschaft von Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva ließ noch hoffen. Am Wochenende traf er sich mit seinem bolivianischen Amtskollegen Evo Morales bei der argentinischen Präsidentin Cristina Kirchner in Buenos Aires zum Erdgasgipfel. Es ging um die Verteilung der bolivianischen Erdgasproduktion.

Noch vor einigen Monaten glaubte die Region an eine gesicherte Gasversorgung aus Bolivien. Doch so weit Evo Morales momentan den Gashahn auch aufdreht, es reicht nicht. Bolivien produziert täglich 40 Millionen Kubikmeter Gas, Ende des Jahres sollen es 42 Millionen sein. Davon muss der Andenstaat allein rund 30 Millionen nach Brasilien liefern. Nach Abzug des eigenen Bedarfs von rund 8 Millionen Kubikmetern bleibt für Argentinien nicht mehr viel übrig. Brasilien sollte deshalb etwas an Argentinien abgeben.

Schon lange kann Bolivien nicht einmal die vertraglich vereinbarte Mindestmenge von täglich 4,6 Millionen Kubikmetern Gas an Argentinien liefern. Tatsächlich pumpen die Bolivianer täglich nur 2,7 Millionen Kubikmeter in Richtung Río de la Plata. 2006 war zudem vereinbart worden, dass Bolivien seine Lieferung ab 2011 auf täglich 27,7 Millionen Kubikmeter erhöht. Dafür wird eigens die 1.600 Kilometer lange Pipeline Gasoducto del Noreste gebaut.

In Argentinien decken die heimischen Energieversorger mit ihren Gas-, Öl- und Atomkraftwerken bereits seit Jahren den steigenden Bedarf des Landes nicht ab. In den Industriebetrieben und den privaten Haushalten kommt es regelmäßig zur Stromabschaltung. Um die eingegangenen Lieferverpflichtungen erfüllen zu können, müsste Bolivien nach Einschätzung der Industriekammer Cámara Boliviana de Hidrocarburos seine Produktion verdoppeln und in den kommenden Jahren 7 Milliarden US-Dollar investieren.

Doch die ausländischen Öl- und Gasunternehmen, darunter auch die brasilianische staatliche Petrobras, hatten ihre Investitionen eingefroren, als der bolivianische Präsident im Mai 2006 die Nationalisierung der Branche ankündigte. Das hat jetzt Auswirkungen.

Mitte Februar wollte Boliviens Vizepräsident Álvaro García Linera die brasilianische Seite dazu bewegen, einer Reduzierung der Liefermenge zugunsten Argentiniens zuzustimmen. Doch der staatliche Öl- und Gaskonzern Petrobras ließ die Bolivianer abblitzen. Brasilien befindet sich gegenwärtig selbst in einer heiklen Versorgungslage. In Südamerika steht der Winter vor der Tür. Wie in Argentinien blieb der Regen im Nordosten des Landes aus, und die Stauseen haben sich nicht wieder gefüllt, sodass der Amazonasstaat seine Stromversorgung lediglich durch Gas und andere fossile Brennstoffe sichern kann. Der südamerikanische Wirtschaftsriese deckt mit den bolivianischen Gaslieferungen, die vor allem in den Ballungsraum São Paulo fließen, 60 Prozent seines Bedarfs.

Auch beim Gipfel am Wochenende gaben die Brasilianer keinen Kubikmeter Gas ab. Lediglich eine Stromlieferung von täglich rund 200 Megawatt boten sie an. Am Ende einigte sich die Runde auf die Bildung einer Arbeitskommission, in der die zuständigen Energieminister, aber auch die Energiekonzerne vertreten sind. "In zehn Tagen werden wir uns in La Paz zusammensetzen", so Petrobras-Präsident José Sergio Gabrielli.

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