Kommentar Klimawandel: Klimawandel wird Gefahrgut

Es ist gut, dass Kommissionspräsident Barroso noch einmal klar gemacht hat, dass die deutschen Vorbehalte gegen das Energie- und Klimapaket der EU schädlich sind.

Zuerst waren es die Umweltpolitiker, die das Problem der Erderwärmung benannten. Dann folgten die Energiepolitiker. Nun sind es Europas Außen- und Sicherheitspolitiker: Die 27 Staats- und Regierungschefs der EU werden heute neue Sicherheitsdoktrin beschließen. Nach diesen ist der Klimawandel ab sofort nicht nur gleichgefährlich wie Terrorismus, Staatenzerfall, Massenvernichtungswaffen oder organisierte Kriminalität. Der Klimawandel wird nach diesen sogar als Bedrohungsmultiplikator anderer Gefahren eingestuft.

Fragt sich, was aus solchen Doktrin folgt. Entscheidend dürfte sein, wie sie auf die Wirtschaftspolitiker wirken. Am Beispiel Deutschlands kann man das sehr gut studieren: Nicht Umwelt-, Energie- oder Außenpolitiker sind für den Klimaschutz entscheidend, sondern Wirtschafts-, Finanz- oder Verkehrspolitiker. Während etwa deutsche Außenpolitiker oder der deutsche Umweltminister versuchen im Kabinett Klimapolitik zu betreiben, bremsen Verkehrs-, Wirtschafts- und Finanzminister, wo sie nur können. Eine Besteuerung von Flugbenzin? Lustige Idee! Ein Tempolimit auf Autobahnen? Nicht mit uns! Eine Klimasteuer gar? Träumt weiter! Und wenn dann wirklich einmal ein Klimagesetz in einem dieser Ministerien erarbeitet wurde, dann taugt es nicht einmal, um Minimalziele zu erreichen - wie das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz aus dem Hause Glos jüngst belegte.

So ist denn auch nicht verwunderlich, dass ausgerechnet die Deutschen die Brüsseler Klimaschutzpolitik malträtieren, wann immer sie können. Deutschland will den Kohlendioxid-Ausstoß um 40 Prozent bis 2020 senken. Wenn die EU dann aber Kohlendioxid-Grenzwerte für Neuwagen vorschreibt, gehen Merkel, Glos und Co. auf die Barrikaden. Das ist einfach nur zynisch.

Gut ist deshalb, dass Komissionspräsident José Manuel Barroso gestern noch einmal klar gemacht hat, dass die deutschen Vorbehalte gegen das Energie- und Klimapaket der EU schädlich sind. Gut ist, dass Brüssel Muskeln zeigt. Die Frage bleibt, ob auch Europas Wirtschaftspolitiker das Klimaproblem auf der Agenda haben. NICK REIMER

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.