Der Intendant darf gehen: Staatsoper ist bald kopflos

Peter Mussbach, der erfolgreiche Intendant der Oper, hört nächstes Jahr auf. Sein Vertrag wird nicht verlängert. Über die Gründe kann bislang nur spekuliert werden

Musiktheater bald ohne Herr und Haus: Die Staatsoper Unter den Linden Bild: AP

"Acht Jahre sind eine lange Zeit", sagt der Sprecher der Opernstiftung, "und er hat sie geprägt zum Wohle des Hauses." Das ist so schön gesagt, dass man gar nicht widersprechen mag. Alles Weitere ist vorerst vertraulich - fest steht nur, dass der Vertrag mit Peter Mussbach, dem Intendanten der Staatsoper, nicht über die Spielzeit 2008/09 hinaus verlängert wird. Die Entscheidung stand ohnehin an. Von einer "Kündigung" könne daher nicht gesprochen werden, erklärt der Sprecher der Stiftung - ob sie "im gegenseitigen Einvernehmen" getroffen wurde, will er weder bestätigen noch dementieren.

Also darf spekuliert werden. Gründe für ein Ende der Verpflichtung sind vonseiten der Stiftung nicht zu erkennen. Unter Mussbach stieg die baufällige Ostbühne in die Spitzengruppe der Opernhäuser dieser Welt auf. Seine Spielpläne überzeugten durch Originalität und Profil, Uraufführungen (Henze und Dusapin), selten gespielte Stücke (wie soeben "Der Spieler" von Sergei Prokofjew), Barockopern (mit René Jacobs) ergänzten das klassische Repertoire von Mozart bis Wagner, das in stets erstklassiger Besetzung weiter gepflegt wurde. Und auch das Publikum spielte mit: Im vergangenen Jahr sind 240.000 Eintrittskarten für 273 Vorstellungen verkauft worden. Daraus ergibt sich eine ziemlich sensationelle Auslastung von 86,8 Prozent.

Doch schwierige Zeiten stehen bevor. Der Spielbetrieb muss für mindestens drei Jahre in das Schillertheater an der Bismarckstraße umziehen, damit die DDR-Ruine Unter den Linden saniert werden kann. Zudem wäre Mussbachs Erfolg ohne den Dirigenten Daniel Barenboim nicht möglich gewesen. Sogar richtig schlechte Inszenierungen werden unter Barenboims Leitung regelmäßig zu wahren Lehrstunden höchster musikalischer Kultur, weit über den Reiz eines Events im Kulturbetrieb hinaus. Nicht zuletzt Mussbachs eigene Regiearbeiten standen im Schatten des Meisters, und sein Versuch, mit großen Namen der bildenden Kunst (Herzog & Demeuron, Olafur Eliasson) eigene Akzente zu setzen, wirkte eher provinziell. Eine gewisse Ermüdung ist nicht zu übersehen und die Vermutung daher nicht abwegig, dass Mussbach selbst genug hatte von seinem Job.

Mag sein, dass auch das Geld seine übliche Rolle spielte. Mussbach warf der Opernstiftung schon vor ihrer Gründung vor, mit den wirtschaftlichen Erfolgen der Staatsoper die beiden bankrotten Konkurrenten auf dem Opernmarkt - die Deutsche und die Komische Oper - zu subventionieren. Widerlegt wurde dieses Argument nie - die nach endlosen Verhandlungen zugestandene Erhöhung der staatlichen Zuwendungen an die Staatsoper löste sofort Begehrlichkeiten der beiden anderen Häuser aus. Ein großer Freund der Berliner Lösung nach Senatsherrenart ist Mussbach vermutlich bis heute nicht. Dass er nun geht, ist vielleicht gerade deswegen schade.

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