Kommentar Gewalt im Libanon: Die Braut im Sarg

Der Libanon kommt aus dem Zyklus der Gewalt nicht heraus. Nur ein Wunder kann einen Bürgerkrieg noch aufhalten.

Nach zwei überwiegend friedlichen Jahrzehnten kehrt die Gewalt nach Beirut zurück, als ob es sich um einen quasi naturwüchsigen Zyklus handeln würde. Die Prophezeiungen eines Beiruter Dichters, der seine geliebte Stadt angesichts ihres "trügerischen Wesens" in der Rolle einer "Braut im Sarg" sah, bestätigen sich leider. Nach dem Wiederaufbau der Stadt am Ende des letzten Bürgerkrieges droht nun wieder die Zerstörung.

Die libanesische Regierung hat sich überschätzt, als sie die offene Konfrontation mit der Hisbollah suchte. Dass die Gottespartei ein Staat im Staat ist, wurde jahrzehntelang von allen Parteien hingenommen. Dass sie eine eigene Telefonleitung besitzt, dürfte da noch das geringste Problem gewesen sein. Doch die Regierung, die ihr das nun verbieten wollte, ist gar nicht in der Lage, ihre Beschlüsse durchzusetzen. Das spielte der Hisbollah in die Hände. Sie ging in die Offensive und verkauft das nun als Akt der Selbstverteidigung.

Damit hat die Hisbollah ihr Versprechen, ihre Waffen nur zur Verteidigung des Landes einzusetzen, gebrochen. Sie gilt in den Augen der meisten Libanesen jetzt nicht mehr als Befreiungsbewegung, sondern als eine schiitische Miliz, die ihren Anteil an der Macht im Staat verlangt. Damit hat die Hisbollah den Konsens zwischen den Religionsgemeinschaften aufgekündigt.

Der Libanon steht wieder vor einem Bürgerkrieg, der sich nur durch ein Wunder noch aufhalten lässt. Schuld daran ist das fatale Zusammenspiel innerer und äußerer Faktoren, der politischen Polarisierung in der Region und der Zerrissenheit des Zedernlandes. Sowohl das Regierungslager, das auf Seiten der USA und Saudi-Arabiens steht, als auch die prosyrische Opposition, die von der Hisbollah angeführt wird, dienen nur den Interessen ihrer ausländischen Herren.

Der libanesische Brand trägt eine düstere Botschaft mit sich. Er könnte den Funken legen für die erwartete Konfrontation zwischen Teheran und Damaskus auf der einen, den USA sowie Israel und den "gemäßigten arabischen Regimes" auf der anderen Seite. Ein Horrorszenario.

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