Proteste gegen Sender-Schließung: Ein bisschen Multikulti darf bleiben

Die Kritik an der Einstellung von Radio Multikulti wächst - doch ohne ernsthafte Folgen. Der Nachfolgesender plant schon die Übernahme einzelner Sendungen.

Am Tag der offenen Tür beim RBB protestieren die Hörer von Radio Multikulti gegen das Aus für den Sender. Bild: anja weber

Die Einstellung des Senders Radio Multikulti wird auch von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (Mabb) scharf kritisiert. Der Mabb, der über die Frequenzvergabe entscheidet, habe den Beschluss des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) "mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen". In der am Montag verbreiteten Stellungnahme wird zudem daran erinnert, dass der Sender 1994 mit maßgeblicher Unterstützung der Mabb ins Leben gerufen worden ist.

Bei der Übernahme der Multikulti-Frequenz 96,3, auf der nach Wünschen von RBB-Intendantin Dagmar Reim ab Januar das Funkhaus Europa des WDR gesendet werden soll, sieht WDR-Sprecher Magnus Schweers keine Probleme. Deswegen werde man "zeitnah" mit Radio Multikulti Gespräche über die Fortführung bestimmter Angebote führen. "Es besteht die Absicht, bisherige Programme wie das polnische, arabische und russische zu übernehmen", sagte Schweers der taz.

Die Mitarbeiter des Funkhauses Europa hatten in einem offenen Brief gegen die Schließung von Radio Multikulti protestiert. Sie sei "politisch ein völlig falsches Signal". Gerade in der "wieder aufflammenden Integrationsdebatte" solle man die journalistischen Räume erhalten, "in denen das Thema mit einem anderen Blick als in der deutschen Mehrheitsgesellschaft behandelt wird", schrieben die Mitarbeiter vergangenen Freitag. Außerdem liefere Multikulti mit Formaten wie dem Lifestylemagazin "Süpermercado" unverwechselbare Teile des Funkhauses Europa, auf die man nicht verzichten wolle.

Mit ihrem Brief schlossen sich die Redakteure der langen Reihe von Solidaritätsbekundungen ein, die sich bundesweit für den Erhalt des Senders einsetzen. Neben vielen prominenten Fürsprechern wie dem Präsidenten der Akademie des Künste, Klaus Staeck, engagieren sich auch Privatpersonen, darunter Kai Kesper. Der Sauerländer verfolgt per Lifestream im Internet regelmäßig das Multikulti-Programm, am liebsten hört er das Musikmagazin "À la carte" am Samstagmittag, berichtet er der taz.

Auf seiner Website www.multikulti.eu kann jeder einen Protestbrief gegen die Schließung veröffentlichen. "Damit möchte ich auf das Problem aufmerksam machen und gegen die ungerechte Verteilung der Finanzen innerhalb der ARD protestieren", so Kesper. Er plädiert für einen Finanzausgleich zwischen den einzelnen Sendeanstalten. Dieser soll Geld aus den Töpfen der reicheren Sender wie dem WDR in die Taschen der ärmeren spülen, zu denen auch der RBB zählt. Ebenso wie anderen Projekten dieser Art fehlt Kesper jedoch der Zuspruch der breiten Masse; am Montagnachmittag waren lediglich zehn Einträge auf seiner Seite zu lesen. Der Protest verläuft sich in vielen Einzelaktionen.

Bei Radio Multikulti setzen die Mitarbeiter auf passiven Widerstand. "Wir konzentrieren uns darauf, ein gutes Programm zu machen, um den Menschen zu zeigen, was ihnen in Zukunft entgeht", sagt Chefredakteurin Ilona Marenbach. Mehr als 2.000 unterstützende E-Mails erreichten sie in den letzten Tagen.

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