CDU-Landesparteitag in Dortmund: Merkels stumme Vertraute

Merkel hält nicht viel von Rüttgers sozialer Ader. Doch im NRW-Landesverband der CDU gilt Rüttgers wegen seiner guten Umfragewerte als unantastbar.

Will die Rau-Wähler abwerben: Jürgen Rüttgers. Bild: dpa

DORTMUND taz Ein ironisches "Oooch" hallt durch die Dortmunder Westfalenhallen, als Jürgen Rüttgers sich beim Landesparteitag um die SPD sorgt.

Für Rüttgers aber ist die von ihm beschworene Heimatlosigkeit der SPD-Anhänger eine "Chance" und eine "schwere Aufgabe". Die CDU müsse sich um die "Johannes-Rau-Wähler kümmern", beschwört er seine Parteifreunde. Der Landeschef der Christdemokraten, der sich schon nach der gewonnenen Landtagswahl 2005 als "Vorsitzender der Arbeiterpartei Nordrhein-Westfalens" feierte, sorgt sich mit dem Niedergang der SPD auch um seine eigene Partei: Zwar sei die derzeit die "einzige Volkspartei". Doch das könne sich schnell ändern, warnt der Rheinländer: Zum "Niedergang verurteilt" sei "jede Volkspartei", die Wirtschaft und Soziales nicht verbinde. Ein Hinweis auf die Flügelkämpfe in der Union.

Dabei kommen gerade aus Rüttgers nordrhein-westfälischem Landesverband prominente Vertreter des CDU-Reformflügels. Leute wie der Generalsekretär der Bundespartei, Ronald Pofalla, oder wie der Geschäftsführer der CDU-Bundestagsfraktion, Norbert Röttgen. Sie stehen Bundeskanzlerin Angela Merkel nahe. In der Hauptstadt brandmarken sie jeden Versuch der SPD, die große Koalition nach links zu rücken. Schließlich hält der Wirtschaftsflügel der CDU die eigene Partei schon heute für sozialdemokratisiert. Von Rüttgers sozialer Ader hält Merkel deshalb nicht viel: "Unseren kleinen Reformer aus Düsseldorf" nannte die Kanzlerin ihren Stellvertreter im Parteivorsitz einmal.

Die Reformer Ronald Pofalla und Norbert Röttgen hören Rüttgers Botschaft daher eher zähneknirschend. Doch den NRW-Ministerpräsidenten offen zu kritisieren - das wagen sie nicht. Rüttgers gilt wegen seiner exzellenten Umfragewerte als unantastbar. Für die Sozialdemokraten würden sich in ihrem einstigen Stammland nur noch 27 Prozent entscheiden. Würde der Regierungschef direkt gewählt, entschieden sich 55 Prozent der Wählerinnen und Wähler für Rüttgers, nur 20 Prozent für die SPD-Chefin Hannelore Kraft.

Kein Wort der Kritik kommt deshalb über die Lippen von Merkel-Intimus Pofalla. Wie wenig er vom sozialen Schmusekurs von Rüttgers hält, macht der CDU-General an Sachfragen deutlich: Die von der SPD geforderte Kindergelderhöhung lehnt er als "nicht finanzierbar" ab, ebenso die von den Gewerkschaften geforderte Neuregelung der Altersteilzeit oder Steuersenkungen.

Genauso still bleibt Norbert Röttgen. Zwar ist der aus Meckenheim bei Bonn stammende CDU-Fraktionsgeschäftsführer gegen die Wiedereinführung der Pendlerpauschale. Rüttgers dagegen fordert, auch "kleine Leute" müssten sich noch Autos leisten können. Kritik aber äußert Röttgen nur verschlüsselt. Im Vorfeld des Landesparteitags warnte er vor populistischen Versuchungen. Auch Hildegard Müller ist zum Schweigen verdammt. Dabei gilt die Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin, die im Bundestag den Wahlkreis Düsseldorf I vertritt, als eine der engsten Vertrauten Merkels. Von Rüttgers Renten-Vorstoß hatte sie sich allerdings schon im Vorfeld distanziert.

Unsichtbar bleibt auch der einst starke Wirtschaftsflügel der NRW-CDU. Dessen prominentester Vertreter, Ex-Bundestagsfraktionschef Friedrich Merz aus Brilon im Sauerland, ist frustriert und will Ende der Legislaturperiode aus dem Bundestag ausscheiden. In Dortmund lässt er sich deswegen auch erst gar nicht blicken.

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