Neue Krankenhaus-Serie auf RTL: Ärztepfusch und Coffee to go

Schluss mit dem Arzt, dem die Frauen vertrauen. Mit "Doctors Diary" setzt RTL auf eine neue Therapie aus Ami-Witz und deutschem Krankenhausflair. Ganz interessant.

Passabel originelle Verwurstung der US-Vorbilder: Serienheldin Dr. Gretchen Haase zwischen Oberarzt Meier und Gynäkologe Kaan. Bild: promo

Es ist noch nicht lange her, da war "Ärztepfusch" ein Fremdwort im deutschen Fernsehen. Da sorgte "Dr. Stefan Frank", der Arzt, dem die Frauen vertrauen, für eine tadellose Repräsentation seines Berufsstandes auf dem Bildschirm. In der neuen Krankenhausserie "Doctors Diary", ebenfalls von RTL produziert und windschnittig aktualisiert, hat Dr. Frank nun noch einen strahlenden Auftritt: Während die Schwestern vor der Operation auf ihren überheblichen Oberarzt warten, schauen sie schmachtend eine alte DVD mit dem Fernsehdoktor an: ein letzter ironischer Gruß an den deutschen Überarzt.

Denn in "Doctors Diary" kommen nun auch die fehlerhafteren, wenngleich besser frisierten Exemplare der weißen Zunft zum Zuge. Mit dem Latte macchiato to go halten nämlich auch Selbstherrlichkeit und Selbstzweifel, Privatlebenoptimierung und Partnertauschmöglichkeiten Einzug in die einst so moralisch intakte Festung namens Fernsehkrankenhaus. Wie in den angelsächsischen Vorbildern des Genres operiert man hier viel am fremden Herzen, ist aber noch mehr mit der Auskundschaftung des eigenen beschäftigt.

Die Heldin heißt Gretchen Haase und wird von Diana Amft ("Mädchen, Mädchen") als Mischung aus Bridget Jones und Meredith Grey, der Titelfigur der US-Serie "Greys Anatomy, gespielt. Gerade hat sie in der Chirurgie angefangen, zuvor wurde sie von ihrem Bräutigam betrogen und grübelt jetzt darüber nach, ob sie dem eitlen Oberarzt der Chirurgie oder dessen grundehrlichen Gegenstück von der Geburtsstation verfallen soll.

Zugegeben, die Serie geht ziemlich gediegen los, aber nachdem in der zweiten Folge gleich zu Anfang unverhofft ein Händchen in eine Schreddermaschine gekommen ist, gibt es bei angezogenem Tempo auch ein paar freundlich-sadistische Pointen. Chefautor Bora Dagtekin, der schon für "Türkisch für Anfänger" deutsche Multikulti-Unübersichtlichkeit als amerikanisch geprägte Sitcom aufbereitete, passt hier die Hollywood-Weißkittel der deutschen Zweiklassen-Krankenhauswirklichkeit an. Die oft die Handlung konterkarierenden Popsongs erinnern zum Beispiel an "Scrubs", die salbungsvollen Lebensweisheiten am Ende jeder Folge an "Greys Anatomy."

Die passabel originelle Verwurstung der US-Vorbilder stimmt in gewisser Weise hoffnungsfroh: Während in letzter Zeit bei RTL fast jede Eigenproduktion floppte und eiligst aus dem Programm gefegt wurde, fahren die amerikanischen Serien bei deutschen Zuschauern stets solide Quoten ein. Der geballte Ami-Witz in der wohl nicht umsonst englisch betitelten Krankenhaus-Comedy "Doctors Diary" könnte also die Rettung der Macher sein.

"Doctor's Diary", montags 20.15 Uhr, RTL, am 23.6. zum Start eine Doppelfolge.

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