Der steigende Ölpreis und die Jobs: Es geht auch teuer

2010 soll der Ölpreis bis zu 200 Dollar pro Barrel betragen. Das schadet der Wirtschaft aber nicht durchweg. Die Automobilbranche boomt und auch die deutsche Industrie profitiert.

Die Investmentbank Goldman Sachs prognostiziert, dass der Ölpreis in den nächsten zwei Jahren auf bis zu 200 Dollar steigen könnte. Bild: dpa

Gespanntes Warten: Heute wird die Opec in Wien ihren Jahresausblick für 2008 veröffentlichen. Wo werden die Scheichs den Ölpreis diesmal in der Langfristperspektive sehen? Letztes Jahr waren die Herren noch sehr optimistisch: 50 bis 60 Dollar sollte das Öl pro Barrel (159 Liter) im Durchschnitt kosten - und zwar gleich bis 2030.

Es ist offensichtlich anders gekommen. Vergangene Woche hat der Ölpreis die Rekordmarke von fast 146 Dollar erreicht. Momentan ist das Barrel zwar wieder etwas billiger, doch sehen einige Analysten darin nur eine kurzfristige Pause. So hat die Investmentbank Goldman Sachs kürzlich prognostiziert, dass der Ölpreis in den nächsten zwei Jahren auf bis zu 200 Dollar steigen könnte.

Wirtschaft ist nervös

Der rasante Preisanstieg sorgt für Unruhe in der deutschen Wirtschaft und bei den Kunden. Einige Nachrichten vom Mittwoch: Der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft rechnet damit, dass die steigenden Energiepreise 1 Prozent Wachstum kosten könnten - und damit bis zu 200.000 Arbeitsplätze. Eng wird es auch für viele Familien: Schon jetzt wird etwa 800.000 Haushalten pro Jahr Strom oder Gas abgestellt. Künftig dürften es noch mehr sein, denn der Bund der Energieverbraucher hat ausgerechnet, dass die erhöhten Preise für Gas, Strom und Öl jeden Haushalt mit etwa 300 Euro zusätzlich belasten. Dafür dürften aber Billigsupermärkte wie Aldi oder Lidl mit Zulauf rechnen können, wie die Studie einer Unternehmensberatung ergab.

Schon am Dienstag legten 600 Taxis mit einem Korso die Berliner Innenstadt lahm, um einen Energiezuschlag einzufordern: Fahrten bis zu 10 Euro sollten sich um 50 Cent verteuern, bei Beträgen darüber soll der Aufschlag auf 1 Euro steigen.

Besonders schwer betroffen ist auch das Speditionsgewerbe: Im Durchschnitt würden für jeden Lastwagen 1.400 Euro Mehrkosten im Monat anfallen, hat der Deutsche Speditions- und Logistikerverband ausgerechnet. "Für einige Unternehmen wird es schon sehr, sehr schwierig", sagt Geschäftsführer Heiner Rogge.

Aber ist es wirklich so eindeutig, dass die deutsche Wirtschaft unter den hohen Energiepreisen leidet? Es gibt auch Gegenindizien: Die deutsche Automobilindustrie blickt noch immer recht optimistisch in die Zukunft, obwohl sie errechnet hat, dass es einen Kaufkraftverlust von 12 Milliarden Euro bedeutet, dass die Preise für Diesel seit letztem Sommer um 40 Prozent und für Superbenzin um 13 Prozent gestiegen sind. Trotzdem sind allein im letzten Halbjahr 15.500 zusätzliche Beschäftigte in der Automobilindustrie eingestellt worden. Gleichzeitig wurde auch mehr verkauft: Die Zahl der Neuzulassungen im Inland stieg seit Jahresbeginn um 4 Prozent.

Offenbar ist den Deutschen die Lust am Auto noch nicht vergangen - sie fahren nur sparsamer. Das erste Opfer ist übrigens der Bundesfinanzminister: Im Mai sanken die Einnahmen aus Steuern auf Kraftstoffe, Heizöl, Flüssiggas und Erdgas um mehr als 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Aufkommen aus der Stromsteuer ging gar um 16,5 Prozent zurück, weil die Deutschen ihren Verbrauch so stark einschränken.

Der Export floriert

Dieser Trend zur Sparsamkeit dürfte zum Teil auch einen sehr paradoxen Befund erklären, den die Bundesbank für das vergangene Jahr ermittelt hat. Auch 2007 schon stiegen die Ölpreise um knapp 100 Prozent: pro Barrel von rund 50 auf fast 100 Dollar. Dennoch gaben die Deutschen für ihre Importe aus der Opec und aus Russland weniger aus: Die Einfuhren verringerten sich in ihrem Wert um 7,3 und 4,2 Prozent. Der Grund: Insgesamt nahmen die deutschen Energieimporte 2007 mengenmäßig um 10,25 Prozent ab. Allerdings, darauf weist die Bundesbank hin, war der Winter 2007 sehr mild.

Umgekehrt hat Deutschland von der neuen Schwemme bei den Petrodollars durchaus profitiert: So stiegen die Exporte nach Russland 2007 um 20,6 Prozent. Die Ausfuhr in die Opec legte um 6,8 Prozent zu. Trotzdem sind beide Regionen für den deutschen Außenhandel relativ unbedeutend. Die Exporte nach Russland machen 2,9 Prozent der Gesamtausfuhr aus, bei der Opec sind es sogar nur 2,4 Prozent. Deutschlands Hauptkunden sind unverändert die anderen Industrieländer.

Weltweit werden etwa 70 Prozent des Öls für den Transport eingesetzt. Trotzdem ist nicht davon auszugehen, dass ein steigender Ölpreis umgehend zu einer internationalen Wirtschaftskrise führt. Der entsetzte Blick auf die Zapfsäule führt häufig zu einer Fehleinschätzung: Tatsächlich ist die Bedeutung der Transportkosten bei Gütern eher gering. So hat der deutsche Reedereiverband vorgerechnet, dass bei einem DVD-Gerät im Wert von 200 Dollar die Transportkosten nur ganze 1,50 Dollar ausmachten.

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