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Totalverweigerer bei der BundeswehrEiner verweigert den Gleichschritt

Am Sonntag geloben 500 Rekruten vor dem Reichstag Treue. Derweil sitzt der Totalverweigerer Silvio Walther in Bundeswehrarrest. Vier Wochen war er auf der Flucht.

"Für Vaterland und Ehre? Ich bin doch nicht blöd": Rekruten in Frankfurt/Oder sprechen die Gelöbnisformel. Bild: dpa

Es ist ein einsamer Gang. Und ein starker. Einmal blickt er sich noch um, dann öffnet sich das Tor. Grau ist es, matt lackiert und abgegriffen, unzählige Soldaten haben es schon passiert. Es ist Donnerstagabend, 20.57 Uhr, Nonner Straße, Bad Reichenhall. Silvio Walther passiert das Kasernentor der General-Konrad-Kaserne des 5. Gebirgsfernmeldebataillons 210. Es regnet.

GELÖBNIS & GELÖBNIX

Das Gelöbnis: Am Sonntag legen 500 Bundeswehr-Rekruten ihr Gelöbnis vor dem Berliner Reichstag ab: "Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen."

Der Ort: Seit 1999 findet das sogenannte Feierliche Gelöbnis am 20. Juli, dem Jahrestag des Attentats auf Hitler, im Berliner Bendlerblock statt. Damit soll sich die Armee in die Tradition des Widerstands gegen Hitler stellen. In diesem Jahr geloben die Rekruten erstmals vor dem Reichstag. Der Ort soll die Nähe der Armee zu Parlament und Volk unterstreichen. Ein anderer Grund ist, dass im Bendlerblock derzeit eine Baustelle präpariert wird - für ein Ehrenmal.

Der Protest: Zwei Gegendemos sind angemeldet. Deshalb und weil es bisher stets Störungen gab, werden 1.800 Polizisten die Veranstaltung bewachen.

Silvio Walther ist derzeit der einzige Totalverweigerer in der Bundeswehr. Vier Wochen lang war der 21-Jährige auf der Flucht vor den Feldjägern. Er weiß: Hinter diesem Tor wartet die Einzelzelle. 31 Tage hat er darin schon verbracht, ehe er getürmt ist. Er weiß nicht, wann er wieder in Freiheit kommt. Und an wie vielen Tagen er wieder einsam in seiner Zelle das Lied von Marius Müller-Westernhagen vor sich hin singen wird: "Freiheit". Das ist sein Lied auf sieben Quadratmetern. In der mintgrün gestrichenen Zelle 5.

Es ist 1.45 Uhr, in der Nacht davor. In der Bensheimer Kneipe läuft Bob Dylans "Blowing in the Wind". Silvio Walther kennt nur die deutsche Version von Juliane Werding, seine Mutter hört sie immer. Die Wirtin bringt das zweite Bier. Silvio Walther ist noch einmal in seinen südhessischen Heimatort gekommen, für eine Nacht. Er will sich von seiner Mutter verabschieden. In den Wochen zuvor war er in der ganzen Republik unterwegs, bei Freunden. Inkognito. Jetzt sitzt er in der Kneipe, in der er früher Kicker und Darts gespielt hat. Er raucht eine Zigarette nach der anderen, erzählt von seinen Lieblingsbüchern, Sciencefiction, dass er keltische Sagen, Metal Music und Männer liebt. Es ist sein vorerst letztes Bier. Morgen wird er sich stellen. Hat er Angst? "Angst habe ich nur vor Waffen."

Mit Waffen hat er es zu tun bekommen, ehe er aus Bad Reichenhall abgehauen ist. In der Kompanie, die ihn seit April als "Funker" führt, hat er schon viel Zeit im Arrest verbracht. 31 Tage saß Walther in Zelle 5. Und sang von der Freiheit. Er wäre auch geblieben, sagt er, wäre da nicht die Sache in Berchtesgaden passiert.

"Berchtesgaden" ist ein Wort, das Walther nervös macht. Dort hat er, zum ersten und einzigen Mal in seinem Leben, einen Befehl ausgeführt, wie er sagt. Was er noch sagt: unter Androhung von Schusswaffengewalt. Er erinnert sich: Auf den Tag genau zwei Monate ist es her, dass zwei Soldaten in Walthers Zelle kamen und sagten: "Jetzt gehen wir spielen." Das war am 17. Mai 2008, Walther war vorübergehend in Berchtesgaden inhaftiert. Doch aus dem Spiel wurde Ernst. Unter Waffenbegleitung führten die Soldaten den Häftling zu einem nahe gelegenen Parkplatz. Dort gaben sie ihm, wie sie das nannten, "die schöne Aufgabe", den Müll aufzusammeln. Es war ein Befehl. Walther verweigerte ihn, wie immer.

Glaubt man dem Totalverweigerer, legte einer der Soldaten den Finger auf den Abzug seines Gewehres, hob den Lauf demonstrativ an und betonte: "Befehl ist Befehl." "Da bekam ich zum ersten Mal Angst. Denn ich wusste nicht, was als Nächstes kommt", sagt Walther heute. Er gehorchte. Und sammelte mit bloßen Händen den Müll ein, Plastikflaschen, gebrauchte Tampons.

Sechs Tage später erschien Walthers Kompaniechef bei ihm, in der Hand eine Verschwiegenheitserklärung. Walther sollte unterschreiben, "explizit" über den Vorfall in Berchtesgaden Stillschweigen zu bewahren. Er unterschrieb. Jetzt redet er.

Dies sind Szenen einer Heldengeschichte ohne Gleichschritt. Wann sie begann? Vielleicht im Förderzentrum in Gera, wo der kleine Silvio damals Klassensprecher wurde? Oder nach dem Umzug, in der Sonderschule in Bayern, wo er trotz Ossi-Witzen und Hänseleien wegen seines Thüringer Dialekts seinen Hauptschulabschluss mit 1,7 feierte? Womöglich in der Betriebshalle von Suzuki, wo sich der Hilfsarbeiter Walther für die Wahl einer Vertrauensperson einsetzte, der sich auch Kolleginnen anvertrauen könnten?

Vielleicht setzt sich Silvio Walthers persönliche Heldengeschichte auch erst fort, wenn er wieder zurückkommt: in sein Leben, in seine Freiheit. Wenn er aussteigt aus dem Zug, in Bensheim, wenn er nach Hause geht und endlich das Lied hören kann, das er dann hören möchte: "A hero comes home". So heißt sein zweites Lied.

Doch vorerst muss Silvio Walther sein eigener Held bleiben. Wenn am Sonntag in Berlin 500 Rekruten Tapferkeit und Treue geloben, wird er in der Zelle sitzen. Nicht freiwillig, nicht gerne. Aber lieber. "Ich gelobe gar nichts", sagt Walther. Auf seinem T-Shirt steht: "Für Vaterland und Ehre? Ich bin doch nicht blöd!"

Blöd ist er auch nicht. "Ich will mich nicht zu etwas ausbilden lassen, das töten können soll", schrieb er bereits vor Dienstantritt an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), und lud ihn bereits vorsorglich in seine Arrestzelle ein. Bisher ist Robbe nicht gekommen. Auch nach dem Vorfall in Berchtesgaden nicht. Doch Robbe prüft den Fall. Aus seinem Büro heißt es: Zu laufenden Verfahren keine Stellungnahmen. Auch das Heer hat die Untersuchungen gegen die Wachsoldaten aus Berchtesgaden aufgenommen. Zwar will sich der Heeressprecher nicht abschließend äußern, doch der taz sagte er: "Es ist vermutlich so, dass es so war." Der Verteidigungsausschuss im Bundestag und das Verteidigungsministerium sind informiert.

"Ich bin Demokrat", sagt Silvio Walther, "und ich bekenne mich absolut zur Verfassung." Er meint Meinungsfreiheit, Gewissensfreiheit.

Warum leistet er dann nicht einfach Zivildienst, wie über 80.000 andere Männer jährlich auch? "Zivildienst ist für mich auch ein Kriegsdienst. Im Kriegsfalle müsste ich kriegsunterstützende Arbeiten leisten. Und dazu bin ich nicht bereit." Im Kriegsfall? Ist das nicht abstrakt? "Das ist nicht abstrakt, sondern konkret. Die Bundswehr befindet sich im Krieg."

Dass die Bundeswehr das anders sieht, liegt auf der Hand. Aus dem Verteidigungsministerium heißt es: Das Grundgesetz sieht eine "sogenannte" Totalverweigerung nicht vor. Wer nicht an der Waffe dient, muss - zumindest theoretisch, denn die Praxis sieht anders aus - zivil dienen. Deshalb erkennt das Ministerium den Begriff nicht an, er vertrage sich nicht mit der Verfassung. So wird aus Silvio Walthers Gewissensentscheidung ein verfassungsfeindlicher Akt.

Dementsprechend wirft das für Walther zuständige Truppendienstgericht Süd in einem Beschluss, der der taz vorliegt, dem Verweigerer vor, er stelle seine Argumente lediglich als seine Gewissensentscheidung dar. Wer so widerspenstig ist, kann kein Gewissen haben.

Das ist der Umgang mit einem Thema, das die Bundeswehr bis heute herausfordert: Junge Männer, die auf ein Recht pochen, keinen Kriegsdienst - weder Wehr- noch Ersatzdienst - zu leisten. Gar nichts. Keine Waffen. Kein Gelöbnis. Und die dafür in den Knast gehen. 2007 gab es drei von ihnen. 2008 auch. Derzeit gibt es nur einen einzigen Totalverweigerer: Silvio Walther.

Es wird immer wieder junge Männer wie ihn geben. Ihnen drohen Strafverfahren, Sozialstunden, Geldbußen, Freiheitsstrafen. Im Höchstfall bis zu drei Jahre wegen Gehorsamsverweigerung. Bis zu fünf Jahre wegen Fahnenflucht. Es wirkt bizarr, wie treffsicher Walthers Geschichte eine Geschichte des Rückgrats ist. Statt zur Truppe steht er treu zu sich. Und sagt: "Mit jedem meiner Arreste wird das Interesse der anderen Soldaten an meiner Haltung größer."

Auf seiner Stube könnte er jetzt viel erzählen. Von vier Wochen "eigenmächtiger Abwesenheit", wie er es nennt, mit der er auf den Vorfall in Berchtesgaden aufmerksam machen wollte. Er könnte auch erzählen, dass er nun nachts meist wach liegt, oft nur noch zwei Stunden schläft. Und von der Unterstützung, die er durch seinen Freund Alexander Hense erfährt. Der Totalverweigerer aus dem letzten Jahr hat ihn gestern noch besucht.

Hat Walther Zweifel? "Nein, die gibt es nicht. Das Militär kann mich nicht mehr erziehen. Ich nehme das hier mit Humor."

Dreimal hat er für seine Art von Humor schon eingesessen. Erst 7, dann 10, dann 14 Tage war er in der Einzelzelle. Wenn er an diesem Donnerstagabend durch Bad Reichenhall zur General-Konrad-Kaserne geht, vorbei an den Seniorenresidenzen und Kurvillen, wandert er in den nächsten Arrest. Weitere 21 Tage, wieder wegen Befehlsverweigerung. Walther fordert seine sofortige Freilassung. Doch die Verurteilung wegen eigenmächtiger Abwesenheit steht noch aus. Dann könnten weitere 21 Tage auf ihn warten. Danach hätte er 73 Tage Disziplinarhaft hinter sich, beinahe doppelt so viel, wie es ein Erlass des Bundesverteidigungsministeriums vom April vorsieht: 42 Tage sollen solche wie Walther mindestens per Arrest diszipliniert werden - um ihr Gewissen zu prüfen. Ob erfolgreich oder nicht - danach könnten sie entlassen und an den Staatsanwalt übergeben werden.

Bei Silvio Walther besteht noch Hoffnung: Disziplinieren soll ihn die Zeit in Einzelhaft, zurückbringen auf den Boden des Grundgesetzes. Zurück auf den rechten Weg. Das wäre der Weg zurück in die Kompanie.

Silvio Walther lässt das Kasernentor hinter sich ins Schloss fallen. Jetzt geht er weiter. Er dreht sich nicht mehr um. Auf der regennassen Straße spiegelt sich der Schein der Straßenlaternen. Die Figur des Deserteurs wird kleiner. Er biegt ums Eck.

Seit gestern sitzt er wieder in Einzelhaft. Als sei Silvio Walther noch zu disziplinieren.

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30 Kommentare

 / 
  • S
    schnuffi

    EIN Totalverweigerer?

    So geht die Wehrpflicht nie abgeschafft.

    Aber auch ich weiss nicht, wovon ich rede,

    ich habe 1986 brav mitgemacht.

  • P
    propylene

    @altona

     

    hallo,

     

    sie haben um eine meinung gebeten zu ihrem vorhaben.

    ich werd ihnen meine meinung sagen, die wird ihnen vielleicht nicht gefallen, aber vielleicht regt sie zum nachdenken an.

     

    wenn sie sich nicht so geschickt anstellen und sich beim kreiswehrersatzamt ausmustern lassen, dann sind sie auf jeden fall dabei. ob nu beim bund oder im zivildienst. falls sie herrn walther folge leisten wollen, nur zu. ich möchte nur erwähnen, das ab 21tagen disziplinarhaft ein eintrag ins führungszeugnis erfolgt. soll heißen, wenn sie irgendwann mal ein solches führungszeugnis brauchen, weil es ein möglicher arbeitgeber anfordert, könnte es schlecht aussehen. sie könnten sich somit wegen 9 monaten, die durchaus interessant und lehrreich sein können, ihr ganzes leben versauen. auch wenn sie die einberufung rauszögern, macht der ein oder andre arbeitgeber probleme wenn man noch nicht gedient hat. weil er während der dienstzeit ihre stelle freihalten muss. wer macht das heut noch freiwillig??

     

    wenn man aus ihrem "namen" auf die herkunft deuten kann, in Hamburg gibt es tausend möglichkeiten zivildienst zu machen. meiner meinung nach geht es dort nicht um indirekte kriegshilfe, sondern sie können dort sehr viel für ihr weiteres leben lernen!

     

    wenn sie natürlich ultra-links sind, sohn von beruf und das "deutsche system" eh boykottieren, dann viel spaß beim totalverweigern. wenn sie aber was aus ihrem leben machen wollen, ist es manchmal ratsam Sachen zu machen die einem nicht so schmecken, und einfach mal dem system zu folgen, oder sie wandern gleich aus.

     

    mfg

    • @propylene:

      Wer sagt denn, dass solche Einträge im Führungszeugnis negativ sein müssen.

      Im Gegenteil, so etwas kann man direkt in den Lebenslauf reinschreiben.

      Ich könnte mir gut vorstellen, dass es Arbeitsgeber gibt, bei denen so etwas ein harter Bonus ist, wenn die Unterschiede sonst nicht sehr groß sind. Z.B. die taz.

      Oder jeder Arbeitgeber der ähnlich tickt.

      Warum sollte denn einer wie er im Berufsleben anders denken als bei der BW?

      Warum sollte er als Bewerber nicht auch den Anspruch haben, den Chef und Betrieb nach seinen ideologischen etc. Ansprüchen auszuwählen?

      Muss man als Bewerber etwa jeden Betrieb bzw. jeden Chef akzeptieren, "Hauptsache Arbeit"?

       

      Um eine weitere armseelige "Fress/Kack/Kopilier/Malle"-Drohne zu werden, die es "nur fürs Geld macht"?

      Ganz ehrlich, die Meisten machen es nur fürs Geld, haben eine miese Arbeit.

      Das wollen die wenigsten zugeben, aber es ist nun mal Fakt.

      Wenn sie zu 30Mio EUro kämen, gäben sie die Arbeit auf, von der sie vorher evtl. im Interview etc. sagten sie machen ihnen "Spaß".

      Was bei Angestellten in Supermarkt, Büro, Tankstelle, Jobcenter, Systemgastronomie, Gastronomie etc. NIE der Fall sein kann.

  • J
    jockl

    >25.07.2008 10:21 Uhr:

    >Von Lasko Werner:

     

    >Wieso ein Zivildienst in einem Altenheim oder einer >Einrichtung für Obdachlose jetzt den "Krieg" der >Bundeswehr unterstützen soll, das leuchtet mir nicht so >recht ein.

     

    Mir fallen da zwei Gründe ein:

     

    Zivil-D-I-E-N-S-T ist auch ein Dienst am Staat. Das ist, an und für sich, noch nichts Schlimmes, so der Staat in Ordnung ist. Ist er das aber nicht, so leuchtet mir nicht ein, warum ich solch einen schlechten Herren akzeptieren soll und ihm _dienen_ soll. Bedient wird nur, wer auch bezahlt.

     

    Was aber ist dann mit der selbstlosen Mit-Menschen-Liebe, die ja ein Zivildienstleistender leistet? Der Staat sind ja schließlich wir.

     

    Ja und nein. Denn es ist hier, rechtlich betrachtet, nicht ein direkter Dienst am Mitmenschen sondern eben ein Dienst an einem System, das diese Menschen sich geschaffen haben. Wie wir aber wissen, dient jedes System den typischen Karrieristen dazu, sich 'fortzupflanzen', sich zu verschönern, verbessern. Eitelkeit, Lüge, Heuchelei, etc. Dies sind, zum Teil, die Representanten des Volkes. Philister. Diese geben den Befehl, nicht der Mitmensch, der in Not ist. Und genau das dürfte der springende Punkt sein. Korrupte Menschen korrumpieren. Und es sind nun einmal viele korrumpierte in Befehlsposition. Um diesen zu entgehen muß ein gewissenhafter total verweigern. Das wäre die eine, durchaus politische, Sache. Die Bundeswehr übt ständig den Ernstfall. Logisch, darum geht es ja: Im Ernstfall ernst machen zu können. Dadurch ist sie aber ständig mit der Vorbereitung zum Krieg beschäftigt. Er wird vorbereitet. Vom Geiste her ist das eigentlich schon Krieg.

     

    Die andere ist simpler und faktischer: Kommt es zum Krieg, werden die Zivis auch einbezogen. Zwar nicht am Dienst an der Waffe aber am Dienst im Lazerett, z.B. Oder zur Verpflegungsversorgung, etc. Dadurch unterstützen sie die, die von der Waffe Gebrauch machen und morden. Und dadurch sind sie Teil der Kriegsmaschienerie. Lediglich insofern anders, als daß sie nicht direkt töten, aber jene unterstützen, die töten.

     

    >Es gibt sinnvolleres zu tun als wochenlang in der >Arrestzelle zu sitzen und den Märtyrer zu spielen. Zum >Beispiel mal was für andere Menschen tun. Aber dafür >bekommt man halt keine mediale Aufmerksamkeit!

     

    Sag mal, hast Du den Artikel überhaupt durchgelesen? Da steht doch, daß er Klassensprecher war, daß er sich als Hilfsarbeiter (!) dafür eingesetzt hat, daß es eine Vertrauensperson im Betrieb gibt, denen auch Frauen Vertrauen entgegenbringen, etc. Und, um aus meiner eigenen Erfahrung mit dem Thema "Popularität" zu berichten: Solche Typen sind in der Regel nur unter vorgehaltener Hand beliebt, und dann auch nur bei wenigen, die meisten nennen sowas 'ne "Schwuchtel", nen "Warmduscher" und 'nen "Frauenversteher". Nicht gerade etwas, das den Mann populär dastehen läßt. Zumal er ja auch noch, wie ich das verstanden habe, homosexuell ist.

     

    Wenn Du mich fragst (und ich bin nicht schwul und hätte mich auch nicht getraut, total zu verweigern, damals): Der Mann ist Aristokrat. Der wird mal, wenn er durchhält, ein König.

  • TM
    Thorsten Merk

    "Es gibt dieses Jahr nur einen Totalverweigerer..."

     

    Laut Kampagne.de gab es dieses Jahr noch 2 weitere. Zum einen Matthias Schirmer - der ziemlich enormen Medien Rummel verursacht hat unter anderem wurde er aufgrund seines 12 tägigen Hungerstreiks isoliert und schikaniert. Und dann gab es da noch einen jungen Mann, der den Zivildienst und das anschließende richterliche Urteil verweigerte und nun für 4 Monate in der JVA einsizt.

     

    Alles in allem ein zwar gut geschriebener aber schlecht nachgeprüfter Artikel.

     

    Zum Thema Totalverweigerer sind keine Helden sie versuchen nur auf ihre weiße ein lächerliches Militantes System zu ändern. Ich bin ebenfalls gegen die Herren in "Sprenkeltarn" und begrüße und unterstütze jeden Verweigerer!

     

    Ich selbst habe es mich damals nicht getraut - heute würde ich es tun!

     

    MfG Thorsten.

  • LW
    Lasko Werner

    Wieso ein Zivildienst in einem Altenheim oder einer Einrichtung für Obdachlose jetzt den "Krieg" der Bundeswehr unterstützen soll, das leuchtet mir nicht so recht ein. Es gibt sinnvolleres zu tun als wochenlang in der Arrestzelle zu sitzen und den Märtyrer zu spielen. Zum Beispiel mal was für andere Menschen tun. Aber dafür bekommt man halt keine mediale Aufmerksamkeit!

  • M
    Markus

    @kansas: Es gibt viele Dinge, die nicht "schaden", im Alltag aber auch im sozialen/menschlichen Bereich. Man könnte auch von jedem gut genährten Europäer/Amerikaner verlangen 'mal ein Jahr in Afrika zu verbringen. Dies ist also kein Argument für einen Zwangsdienst. Und ob der Militärdienst schadet oder nicht kann wohl nur der Dienstleistende selber für sich entscheiden.

  • C
    christoph

    Na, Taz-Team, da gehen ja doch so einige Kommentare verloren, ich hoffe die veröffentlicht Ihr nicht unter eigenem Namen an anderer Stelle?

     

     

    ***Anmerkung der Redaktion: Wir hatten leider eine technische Panne - und bitten um Entschuldigung.

  • C
    christoph

    @Markus

    undemokratisch stimmt hier aber eben nicht.

    Es mag sicher auch gute Argumente gegen eine allgemeine Wehrpflicht geben, aber: "Weil ich persönlich keinen Bock drauf habe" gehört mit Sicherheit nicht dazu.

  • A
    Altona

    Hallo auch!

    Ich bin 17 und werde wohl demnächst gemustert werden, bin weder mit Kriegs-, noch mit Zivildienst einverstanden, da ich bei beidem im Extremfall etwas zum Krieg beitragen würde und weil es mir paradox erscheint, im Grundgesetz geschrieben vorzufinden, dass ich in diesem Land Freiheit geniesse UND, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind.

    Jetzt würde ich gerne mal ein paar Expertentipps und Meinungen hören, was ich denn machen soll/kann.

    Danke im Vorraus, freudliche Grüsse

  • K
    kansas

    ...mal jedem seine Meinung über Wehrdienst usw., aber geschadet hat es wohl den Wenigsten, mal von Mutters Rockzipfel wegzukommen!!!

     

    ...und schöne Freunde hat er ja auch, anonyme Schreiben werden da abgesetzt mit Beschimpfungen wie "Faschoschweine" etc.

     

    Was macht er eigentlich nach dieser "Angelegenheit"???

    Er scheint viel Zeit zu haben???!!!???

  • M
    Markus

    @Christoph: Entschuldigung, aber blöder Kommentar. Es geht sich hier nur um den Zwangsdienst an sich, welchen es in den allermeisten demokratischen Ländern nicht gibt. Wenn in der Bundeswehr unterschiedliche Charaktere dienen sollen, dann muss die Bundeswehr um diese werben und die (männliche) Bevölkerung nicht zwangsverpflichten. Das ist in meinen Augen eine Menschenrechtsverletzung.

  • C
    christoph

    @Markus

    Steuern zahlst du auch keine mehr?

  • M
    Markus

    Ja, eine Berufsarmee ist erstrebenswert, was dort mit dem jungen Mann geschieht hat nichts mit Demokratie zu tun, hier werden die Menschenrechte mit Füßen getreten. Wer Soldat werden möchte soll es werden, ansonsten habe ich das Recht über jeden tag meines Lebens selbst zu bestimmen.

  • J
    Jonas

    hmm, ich habe hier heute Vormittag einen kritischen Beitrag zu dem taz-Artikel und den hier zu lesenden Kommentaren geäußert. Dieser wurde bislang nicht von der taz "freigegeben". Der Beitrag war in keiner Weise beleidigend oder sowas.

     

    Komisches Verständnis von Meinungsfreiheit. Oder typisch für Linksdenkende?

     

     

    Kommentar der Redaktion:

    Hallo Jonas, bei uns ist gestern kein Kommentar von dir eingegangen.

  • C
    christoph

    eine Frage sollten einige der Kommentatoren mal nicht aus den Augen verlieren: Ist eine Berufsarmee, bestehend aus "Menschen des selben Schlags" wirklich ertrebenswert?

  • FH
    Frank Hoffmann

    Silvio Walthers Entscheidung total zu verweigern ist absolut richtig. Ich habe die ganze Geschichte samt aller vorstellbaren Sachen auch durch. Ohne hier weiter auf die unzähligen moralischen Gründe eingehen zu wollen, warum dieses die richtige Entscheidung ist, kann ich in dieser Angelegenheit gerne meine Hilfe anbieten, so dass seine Haft drei Tage später ein Ende gefunden hat. Schnelle Freiheit - weder Kriegsdienst noch Zivildienst.

    Falls jemand zu ihm direkten Kontakt hat, egal ob Verwandter, Bekannter oder die Redaktion und ihm helfen will, man kann mich unter hoffmann-frank@web.de erreichen.

  • HI
    hab ich

    Der Umgang der Regierung und der Bundeswehr zeigt, was die Herrschaften wirklich von Menschen-, Grund- und Gleichheitsrechten halten. Nicht nur, dass die Anzahl der Zivildienstleistenden die der Wehrdienstleistenden übersteigt, auch dass die meisten jungen Männer garnichts mehr leisten müssen tut der ungleichen Freiheitsberaubung keinen Abbruch. Nichtsdestotrotz ist die Wehrpflicht nach Aussage der Bundesregierung völlig selbstverständlich und etwas was jeder leisten muss. Dabei wird sogar das grundliegenste Gleichheitsgebot missachtet: Die geschlechtliche Gleichbehandlung.

    Während die Herrscher immer wieder von der Gleichheit und der Selbstverständlichkeit von Dienstpflichten reden leisten jährlich zigtausende junger Menschen gar nichts, weil sie keinen Penis zwischen den beinen haben. Der Regierung ist das völlig gleich, diese Diskriminierung wird gar gerechtfertigt, denn während Männer die nichts leisten wollen eingesperrt werden, werden jungen Frauen Kinder angerechnet, die sie noch gar nicht bekommen haben und vielleicht niemals bekommen werden.

     

    Richtig ironisch hingegen ist die Tastsache, das heute 500 "Zwangssoldaten" einen Eid leisten, das Recht und die FREIHEIT zu verteidigen, und das vor dem Berliner Reichstag, dem Gebäude, in dem 600 Leute die Freiheitsrechten eben dieser jungen Männer regelrecht vergewaltigen.

  • T
    thelo

    Sorry, aber das ist zu viel. Ich bin ein bekennender KDVler und ich habe nicht das Gefühl, dass ich mit meinem Zivildienst einen kriegsunterstützenden Dienst geleistet hätte. Man, wenn mir das GG die Möglichkeit gibt, die unsinnige Erfahrung Bundeswehr zu meiden, warum macht dieser Mensch davon nicht einfach Gebrauch?.

  • L
    Laura

    Endlich mal jemand, der Mut hat! Ich habe nie verstanden, dass sich so viele junge Männer vom Gesetz zwingen lassen, einen solchen Dienst zu leisten! Nicht, dass ich etwas gegen die Möglichkeit hätte, einen Zivildienst abzuleisten oder in die Bundeswehr einzutreten - aber freiwillig!Wie richtig kann das sein, wenn die jungen Männer dazu gezwungen werden müssen?Wie ist das mit unseren Grundrechten vereinbar?

  • SL
    Steffen Leuschke

    Hochachtung für diesen klugen, tapferen Mann. Weiß die taz, ob sich humanitäre Organisationen (Humanistische Union, Republikanischer Anwaltsverein o.a.) für ihn engagieren? Wie lautet seine Adresse - vielleicht kann man ihn unterstützen. Viele Grüße - Steffen Leuschke

  • D
    Düdelü

    Find' ich gut, dass die taz so einen Artikel kurz vor dem Gelöbnis bringt! Hebt sich sehr positiv von den übrigen Kommentaren in der Presse wie z.B. vom Obergefreiten und Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff ab.

    Bewundernswert welche Kraft Silvio Walther aufbringt!

  • E
    Eisvogel

    Ist ja alles schön und gut.

     

    Und die Kameraden mit dem Schießgewehr, wo hatten die die Waffe her? Wer die Bundeswehr nicht nur aus ideologischer Sicht, sondern von innen kennt, der weiß daß die Waffe gar nicht mal eben so irgendwo rausgeholt werden kann um Psychospielchen zu betreiben, ohne daß es mindestens 5 Leuten dumm auffällt. Die Wahrscheinlichkeit, daß da ein paar Spinner mit Gewehr (statt der üblichen Wachdienstpistole) außerhalb der Gefechts- oder Schießausbildung herumhantieren geht gegen Null.

     

    Wenn jemand mit dem Kopf durch die Wand will, kann er natürlich auf stur schalten statt Zivi zu werden. Obowhl: Die nächsten paar Jahre wird wohl kaum ein Krieg von der Art eintreten, wo der kleine Held als Zivi zu kriegsunterstützenden Tätigkeiten gezwungen wird. Da müßten erst die Russen kommen.

     

    Die Totalverweigerungsbewegung hatte sicherlich viel Sinn zu Zeiten wo Atomkrieg drohte.

     

    Im derzeitigen Szenario aber machen sich solche Leute bloß einen Ärger, der sich viel massiver hinzieht als die paar Monate Zivi. Problematisch auch, wenn ein Umfeld geschaffen wird, in der jeder Querulant zum antifaschistischen Vorkämpfer hochgelobt werden kann.

     

    Aber wer´s braucht.

  • SK
    Sebastian Kraska

    Grundlegend ein sehr schöner Artikel, der klar und deutlich macht, dass nicht alle so blöd blöken wie auf dem Bild.

    Dennoch gibt es da wohl ein Problem, Silvio ist momentan ein Totalverweiger, aber definitiv nicht der einzige. Wenn auch die Bewegung der Totalverweigerer in Deutschland nicht so groß ist wie sie eigentlich sein müsste. Ist sie dennoch größer als nur eine oder wie später in dem Artikel deutlich wird sechs. Auch wenn nicht alle Totalverweigerer momentan in Bundeswehrarrest sitzen, gibt es mehr als die hier angegebenen und für die ist es ein Schlag ins Gesicht lesen zu müssen, dass Silvio der einzige Totalverweigerer ist. Ich selbst war zwar nie im Arrest bezeichne mich dennoch als Totalverweigerer, ein Freund von mir verweigert total, auch wenn er noch nicht gemustert ist. Ein anderer wurde bereits zwangsgemustert, d.h. er wurde durch die Polizei vorgeführt. Letztendlich steht ein dritter momentan in einem Prozess gegen ihn, der wenn es die Öffentlichkeit interessieren würde durchaus als Justizskandal bezeichnet werden müsste. Diese jungen Leute machen alle Presse- und andere Öffentlichkeitsarbeit und sind definitiv nicht allein oder nur zu dritt.

    Ganz zu schweigen von denen die die Strafprozesse, Arrestierungen, Untersuchungshaft und ähnliches bereits hinter sich haben.

     

    mit antimilitaristischen Grüßen

    Sebastian Kraska

  • C
    Cialis

    W. ist auf Krawall gebürstet. Inzwischen schafft es wirklich jeder Depp sich ausmustern zu lassen.

     

    W. ist ein pubertierender Provokateur, sein "heroischer Einsatz" einfach nur peinlich.

  • T
    Takumo

    Es ist unmöglich, was diese Terrororganisation macht.

     

     

    Freiheit für Silvio Walther!

  • V
    vic

    Von Konstantin Wecker für dich:

    "...

    Wenn sie dich jetzt rekrutieren

    Hab den Mut zu desertieren

    Lass sie stehn, die Generäle

    Und verweigre die Befehle

    Menschen werden zu Maschinen

    In den Militäranstalten

    Niemand soll mehr denen dienen

    Die die Welt so schlecht verwalten

    Nie mehr solln uns jene lenken

    Die nicht mit dem Herzen denken

    Lass dich nie mehr auf sie ein

    Sage Nein

    ..."

    Bleib stark,Silvio.

    Die Verbrecher befinden sich auch in diesem Fall außerhalb der Zelle.

  • TR
    Thomas R. Koll

    Cool, der sitzt ja in den gleichen Zellen wie ich damals 2002 bei meiner Totalverweigerung. Allerdings waren die Soldaten damals noch viel vernünftiger als heute. Wobei, ich strahl auch sehr viel Ruhe aus...

  • TP
    Thomas Pik

    Eine Berufswehr ist doch schon lange angedacht.

    Man bräuchte nur mehr Gelder investieren in den Sozialen Bereich, dann müsste man nicht mehr nach Möglichkeiten suchen, Zivis zu rekrutieren - nur darum geht es doch noch.

     

    Er braucht wohl langsam einen guten Anwalt, die höheren Mächte können das nicht dulden im Grunde. vielleicht lassen sie ihn ja gewähren,um nichts weiter aufzuwirbeln ... so wird es wohl ausgehen :-)

     

    Aber an der Wurzel - komplette Abschaffung - packt das Problem wohl keiner an ....

  • C
    chramb

    Warum macht er nicht einfach Zivildienst?