Kommentar Konflikt in Gaza: So sehen Verlierer aus

Der Fatah-nahe Khiles-Clan glaubte, er könne der Hamas militärisch die Stirn bieten. Das war naiv und schädlich. Auch Palästinenser-Präsident Abbas gibt kein gutes Bild ab.

Nackt bis auf die Unterhose, die Hände gefesselt, die Augen verbunden, stehen die aus Gaza geflohenen Fatah-Rebellen am israelischen Checkpoint Nahal Os. Die Botschaft ist eingängig: So sehen Verlierer aus.

Der Fatah-nahe Khiles-Clan glaubte, er könne der Hamas in Gaza militärisch die Stirn bieten. Doch das war naiv und konnte nur nach hinten losgehen. Schon der Bombenanschlag von vergangener Woche, der fünf Hamas-Kämpfer am Strand von Gaza das Leben kostete, sollte die Hamas herausfordern. Die hatte umgehend die Fatah für diesen Anschlag verantwortlich erklärt und damit klargemacht, gegen wen man vorgehen werde. Die Haltung der Hamas ist eindeutig: Jede Infragestellung ihrer Macht wird rigoros und rücksichtslos unterbunden. Im Gazastreifen herrscht de facto eine islamistische Militärdiktatur.

Das Bild, das die Fatah in diesem Kleinkrieg abgibt, kann aber auch nicht als ruhmreich beschrieben werden. Das Verhalten von Präsident Mahmud Abbas ist schlicht peinlich. Erst bittet er Israel um die Aufnahme seiner Getreuen, schickt sogar eine Solidaritätserklärung an den Khiles-Clan. Dann vollzieht er eine glatte Kehrtwende und ersucht Israel, die Fatah-Kämpfer an die Hamas auszuliefern. Den Zustand politischer Verwirrtheit könnte man sinniger kaum demonstrieren.

Ohnehin hat die palästinensische Autonomiebehörde in den vergangenen Tagen nicht den Eindruck erweckt, eine nach Demokratie und Rechtsstaatlichkeit strebende Organisation zu sein. Die willkürliche Festnahme von mehr als 160 Hamas-Anhängern im Westjordanland ist eine eklatante Menschenrechtsverletzung. Doch viele Palästinenser betrachten sie nicht nur als Retourkutsche auf die Fatah-Verhaftungen in Gaza. Sie gilt ihnen vielmehr als Ausdruck der unmittelbaren Kollaboration der Autonomiebehörde mit der Besatzungsmacht Israel. Damit kontrastiert sie die Erfolglosigkeit von Abbas bei den sogenannten Friedensgesprächen.

Das Resultat: Die Hamas hat ihre Macht konsolidiert, der Waffenstillstand mit Israel verschafft ihr Anerkennung. Die Spaltung in ein Hamastan und ein Fatahstan aber wird tiefer - die Tragödie der Palästinenser größer.

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61, ist Redakteur im Ausland und gelegentlich Chef vom Dienst. Er arbeitet seit 1995 bei der taz, für die er schon in den 80iger Jahren geschrieben hat. Derzeit ist er zuständig für die Europäische Union und Westeuropa. Vor seiner langjährigen Tätigkeit als Blattmacher und Titelredakteur war Georg Baltissen Korrespondent in Jerusalem. Noch heute arbeitet er deshalb als Reisebegleiter für die taz-Reisen in die Palästinensische Zivilgesellschaft. In den 90iger Jahren berichtete er zudem von den Demonstrationen der Zajedno-Opposition in Belgrad. Er gehörte zur ersten Gruppe von Journalisten, die nach dem Massaker von 1995 Srebrenica besuchte.

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