Kolumne Frauen: Tja, wo die Liebe hinfällt

Es gibt Frauenköpfe, in die möchte man gar keinen Einblick haben.

Meine Kollegen tuscheln über mich. Sie denken, ich merke das nicht, aber ich bin doch nicht blöd. Seit meiner letzten Kolumne, in der es um meine coole Mutter ging (die Älteren werden sich erinnern), gucken sie mich immer so komisch an, als wäre ich eine ebenso faszinierende wie gruselige Genmutation mit mindestens drei Augen. Das verwirrt mich. Beim ersten Mal, als ich diese Blicke auf mir spürte, bin ich gleich aufs Klo gerannt und habe in den Spiegel geschaut: Ich habe nichts Ungewöhnliches entdeckt. Alles wie immer.

Ich bin ganz froh darüber, dass ich mittlerweile nicht mehr so angestarrt werde. Damit das auch so bleibt, habe ich einen Vorsatz gefasst: Ich werde nie wieder über meine Mutter schreiben (die übrigens wie erwartet reagiert hat: cool - nur die Formulierung, dass sie, 58 Jahre alt, "stramm auf die 60" zugehe, fand sie frech). Mal gucken, wie lange mein Vorsatz hält. Es gäbe noch so viel zu erzählen.

Ursprünglich hatte ich vor, in dieser Kolumne streng chronologisch vorzugehen, zuerst über meine Mutter zu schreiben und dann über alle anderen wichtigen Frauen in meinem Leben.

Ich wollte schon Günter Grass Verleger anrufen und fragen, ob er Interesse hat, doch dann habe ich mir eingestanden, dass das für ein Buch vielleicht ein bisschen wenig Stoff ist und - das bleibt aber unter uns - eigentlich auch für eine Kolumne. Ich habe geweint und gebiert - alles durcheinander.

Jetzt gehts wieder. Machen Sie sich um mich keine Sorgen!

Würde ich streng chronologisch vorgehen, was ich aus den beschriebenen Gründen besser lasse, kämen nun meine Kölner Babysitterinnen an die Reihe. Zwei von ihnen waren, wenn ich mich recht erinnere, auf meinem 18. Geburtstag. (Beim Aufräumen am Tag danach hat übrigens meine Mutter vor Wut eine VOLLE Plastikcolaflasche nach mir … - aber ich wollte ja nicht mehr über meine Mutter schreiben.) Ich habe sie geliebt, die Babysitterinnen, und mich deswegen sehr über unser Wiedersehen gefreut. An Heirat allerdings habe ich dabei keine Sekunde gedacht und hoffe, sie auch nicht.

Warum ich das erwähne? Na, lesen Sie etwa keine Bunte, Gala oder wenigstens das "Panorama" bei Spiegel-Online? Sandy Meyer-Wölden will Boris Becker heiraten - und umgekehrt. Verlobt sind sie schon.

Gestatten Sie mir einen kurzen Ausraster: WIE KRANK IST DAS DENN?!

Sie kennt den ehemaligen Schützling ihres verstorbenen Vaters seit Kindertagen. Früher hat er ihr den Kopf getätschelt, heute tätschelt er ihr den Arsch. "Tja, wo die Liebe hinfällt", war Sandys lapidarer Kommentar dazu. "So ändern sich die Zeiten."

Der Wahnsinn geht noch weiter: "Es ist eine Geschichte wie bei 1.000-mal berührt", sagte Meyer-Wölden. Was treibt eine junge hübsche Frau dazu, Boris Becker zu heiraten? Jetzt sagen Sie bitte nicht: sein Geld.

Kohle hat Meyer-Wölden genug, schließlich kann sie es sich leisten, als "Schmuckdesignerin" zu arbeiten. Manchmal macht die Welt mich ratlos, die Menschen sowieso.

Vor ein paar Tagen saß ich mit meinem Freund Andreas, der endlich mal wieder zu Besuch in Berlin war - wenn auch viel zu kurz - vor einer Kneipe in Prenzlauer Berg, als ein Sportwagen vorfuhr. Es war ein hässlicher 90er-Jahre-Japaner mit Schlafaugen - eine ordinäre Karre mit einem stillosen Typen auf dem Fahrersitz und einer hübschen, wenn auch etwas prolligen Beifahrerin. "Siehst du, der hat ein Mädel neben sich", sagte Andreas, glücklich verheiratet, zu mir, dem Single.

Das Sportwagenensemble kam wie bestellt. Wir redeten gerade darüber, warum auch hübsche Frauen so häufig mit Fritten zusammen sind. Es war ein erwartungsgemäß ergebnisoffenes Gespräch. Ich stellte mir vor, was wäre, wenn ich aufstünde und die Frau auf dem Beifahrersitz fragte, was wir uns fragten.

Ich blieb sitzen.

Dabei hätte ein Teil von mir wirklich gerne in den Kopf der Beifahrerin geguckt, doch letztlich war ich heilfroh, dass das nicht geht. Ich hatte Angst vor der Aussicht.

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