Ende des Embargos gegen Indien: Indien wird legitime Atommacht

Mehr als 30 Jahre nach Zündung seiner ersten Atombombe wird das Embargo von atomaren Brennstoffen und Technologien gegen Indien aufgehoben.

Indiens Premier Manmohan Singh und Bush Bild: dpa

DELHI taz Indien steht auf dem Sprung zur anerkannten Atommacht. Nach jahrelangen Verhandlungen haben die letzten Gegner innerhalb der Gruppe der 45 Kernmaterial-Lieferländer (NSG) in Wien, die dafür einstimmig ihren Segen geben muss, ihren Widerstand aufgegeben. Der geplante Nukleardeal zwischen Indien und den USA kann nun stattfinden. Weltweit hatten Kritiker gewarnt, das Abkommen gefährde den Atomwaffen-Sperrvertrag, den die illegitime Atommacht Indien nicht unterzeichnet hat. Damit es in Kraft treten kann, müssen jetzt noch der US-Kongress und das indische Parlament zustimmen.

Vor zweieinhalb Jahren hatte US-Präsident George W. Bush den Nukleardeal in die Wege geleitet. Indien soll nach über 30 Jahren Lieferstopp atomaren Brennstoff und Nukleartechnologie aus den USA beziehen können. 1974 haben die USA nach dem ersten erfolgreichen Atomwaffentest Indien mit einem Embargo für Kernmaterial belegt, die weltweite Gemeinschaft schloss sich ihnen später an.

Den Durchbruch läutete Indiens Außenminister Pranab Mukherjee ein. Er unterstrich am Freitag vor dem Gremium Indiens absolute Zustimmung zur Nichtverbreitung von Atomwaffen. Mukherjee verwies auf eine einseitige Erklärung der vorherigen Regierung in Delhi, freiwillig auf weitere Atombombentests zu verzichten.

Bush beglückwünschte nach der Unterzeichnung Indiens Premier Singh zu seiner "starken Führung". Er betonte, der Weg sei geebnet, Indien aus der "nuklearen Isolation" in den "Mainstream" der Nichtverbreitung von Atomwaffen zu bringen. Mit dieser Argumentation versucht er nun auch, den US-Kongress zu einer Zustimmung zu bewegen.

Doch mit dem Abkommen verfolgt Washington auch ein ganz anderes Ziel. Bush agiert dabei ähnlich wie sein Amtsvorgänger Richard Nixon in den 70er-Jahren. Damals hatte Nixon durch eine schrittweise Annäherung das weltweit isolierte China diplomatisch aufgewertet und damit einen Gegenpol zur Sowjetunion geschaffen. Im Fall des Nukleardeals soll nun Indien eine stärkere Rolle auf der weltpolitischen Bühne einnehmen - um China zu schwächen. Indien hat jedoch bis zuletzt darauf Wert gelegt, seine mühevoll verbesserten Beziehungen zu Peking nicht zu gefährden.

Doch kurz vor der Unterzeichnung des Abkommens meldeten Pekings Vertreter plötzlich "Bedenken" an und baten um Aufschub, wohl wissend, dass eine Verzögerung das Ende des gesamten Nukleardeals zwischen Indien und den USA bedeuten könnte. Nach entschiedenem Widerstand der anderen Teilnehmerländer und einem Anruf von US-Präsident Bush bei Chinas Präsident Hu Jintao zog China jedoch seinen Antrag zurück.

Der nationale Sicherheitsberater der Regierung in Delhi, M. K. Narayanan, gab sich empört und erklärte, Chinas Außenminister werde bei seinem kommenden Besuch das chinesische Verhalten erklären müssen. Indien sei überrascht, weil China bislang stets angedeutet hätte, sich dem Abkommen nicht entgegenzustellen. SASCHA ZASTIRAL

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.