Kommentar Russland: Klare Sprache macht Freunde

Unter den osteuropäischen Russland-Mahnern gehören die Polen ganz klar zu den Wortführern. Sie geben sich hart, klar und nicht so leicht erpressbar.

Na bitte, es geht doch! Russlands Außenminister Sergei Lawrow hat Warschau nicht nur neue Verhandlungen über die bilateralen Beziehungen angeboten. Er zeigte sich sogar gesprächsbereit, die Details des Raketenabwehrschilds mit den Polen noch einmal durchzugehen. Ein Fortschritt.

Dabei teilen Polen und Russland nicht nur eine schwierige Vergangenheit, sie sind Problemnachbarn geblieben. Mal blockierten die Russen die Einfuhr von polnischem Fleisch. Dann revanchierten sich die Polen, indem sie eine Neuverhandlung des EU-Partnerschaftsabkommens mit Moskau vereitelten, und zuletzt gaben sie ihr Placet zur amerikanischen Raketenabwehr auf eigenem Boden.

Unter den osteuropäischen Russland-Mahnern gehören die Polen ganz klar zu den Wortführern. Sie geben sich hart, klar und nicht so leicht erpressbar - und das, obwohl sie abhängiger sind von russischer Energie als die großen Russlandversteher Deutschland und Frankreich. Doch die polnische Sprache wird in Moskau offenbar besser verstanden als das Brüsseler Partnerschaftsesperanto oder Berlins Kuschelgesäusel.

Wo der Dialog versagt, ist klare Ansage verlangt. Dass die EU in der Kaukasuskrise mit gemeinsamer Stimme sprach, hat Russland verschreckt. Erstmals zeigte es sich kompromissbereit. Ungewollt hat Moskau mit seinem Kaukasus-Abenteuer den europäischen Einigungsprozess befeuert. Während die einen zueinanderfinden, steht Russland nun allein da. Auch die "Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit", die Russland zur Anti-Nato ausbauen wollte und in der China neben Moskau den Ton angibt, versagte dem Kreml die Gefolgschaft. Und selbst die ehemaligen Vasallen im Verteidigungsbündnis der GUS-Staaten gaben dem Druck zum Konsens nicht nach. Nur Nicaragua und die Hamas haben Moskaus Vorgehen gebilligt, aber damit lässt sich kein Staat machen.

Erst spuckt der Kreml große Töne, jetzt stimmt er sanftere an. Das Kapital flieht das Land, der Ölpreis sinkt, die Debatte über Energieabhängigkeit in der EU wird sich beschleunigen. Moskau ahnt: Bald könnte die Party zu Ende sein. Da braucht man Freunde. Der Pole Donald Tusk bot sich schon mal als Vermittler an.

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Jahrgang 1956, Osteuroparedakteur taz, Korrespondent Moskau und GUS 1990, Studium FU Berlin und Essex/GB Politik, Philosophie, Politische Psychologie.

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