Spektakulärer Fund: Raptoren auf der Pirsch

In einem Steinbruch bei Minden wurden haufenweise Spuren von Urzeitechsen entdeckt. Erstmals wurden damit in Europa Raptoren nachgewiesen, wie sie aus dem Film "Jurassic Park" bekannt sind GERNOT KNÖDLER

Saurier mit Vogelfüßen: Zehenabdrücke eines Raptors Bild: DPA

Auf dem Bückeberg bei Minden haben Steinbrucharbeiter spektakuläre Dinosaurierspuren gefunden. Erstmals in Europa wurden Fußabdrücke von "Raptoren", vogelartigen Raubsauriern, entdeckt, wie sie aus dem Kinofilm "Jurassic Park" bekannt sind. Weil auf engstem Raum eine Vielzahl von Fußabdrücken und ganze Fährten zu erkennen sind, lassen die Spuren Rückschlüsse auf das Sozialverhalten und die Bewegungsmuster der ausgestorbenen Tiere zu.

Nach Einschätzung der Paläontologen vom Niedersächsischen Landesmuseum Hannover übertreffen die Raptoren-Spuren in den Obernkirchenern Sandsteinbrüchen nach Häufigkeit und Qualität alle bisherigen Funde in China, Korea, dem Niger und Utah in den USA. Neben den Raptoren fanden die Forscher auf der 2.000 Quadratmeter großen Fläche die Spuren von fünf weiteren Saurierarten. Die Fußabdrücke sind zwar unterschiedlich alt, stammen aber alle aus der unteren Kreidezeit vor rund 140 Millionen Jahren.

Die Abdrücke der Raptoren stammen aus der älteren Schicht. Zu erkennen sind zwei Zehen wie bei einem Vogelfuß und der Ansatz eines dritten, an dem sich eine knapp zehn Zentimeter lange Klaue befand. Beim gehen klappte die Echse diese Waffe hoch. Die Forscher entdeckten 49 Fußabdrücke des 1,80 Meter langen Raubtieres, verteilt auf acht Fährten. Es sehe aus, wie auf einem Hühnerhof sagt, Klaus Köster, Gesellschafter des Steinbruchs. Als besonders spektakulär gilt, dass sich auch der Augenblick erhalten hat, in dem eines der Tiere stehen blieb.

"Solche Details sind ein gefundenes Fressen für uns", sagt Schmidt. Sie ermöglichen es nachzuvollziehen, wie sich die Tiere bewegt haben. Die einzelnen Spuren seien so deutlich, dass sich die Form und die Oberflächentextur des Fußballens rekonstruieren ließen, sagt Niels Knötschke, der wissenschaftliche Leiter des Dino-Parks im nahe gelegenen Münchehagen, wo es auch Saurierspuren gibt.

In einer jüngeren Schicht fanden sie Spuren von Iguanodons, bis zu elf Meter langen Pflanzenfressern. "Die größten Spuren haben den Umfang einer mittleren Duschwanne", sagt Michael Schmitz vom Landesmuseum, das die Spuren gesichert hat. Wegen der Vielzahl der Spuren und weil es sich um kleine wie große Fußabdrücke handelt, vermuten die Forscher dass hier ganze Herden unterwegs waren. Möglicherweise seien sich sogar zwei Iguanodon-Herden begegnet.

Knötschke vermutet, dass die Tiere in der Urzeit ein seichtes Gewässer durchquerten und am Ufer ihre Spuren hinterließen. Diese seien wohl leicht angetrocknet und dann mit Sand bedeckt worden.

Einige Erdzeitalter später wurden sie entdeckt, weil die Steinbrecher eine Fläche für ein paar Jahre vom Abbau ausnahmen, um der Öffentlichkeit hier ihre Arbeit nahe zu bringen. Hitze, Kälte, Eis und Regen hätten das weiche Füllmaterial erodieren lassen, so dass sich die Spuren abzuzeichnen begannen. "Man braucht einen Blick dafür", sagt der Steinbruchmanager Köster.

In Niedersachsen sind besonders viele Dinosaurierspuren entdeckt worden, so dass die Forscher aus Hannover schon vom "Dinosaurierland" sprechen. Die geologischen Schichten der Kreidezeit liegen hier besonders dicht an der Erdoberfläche - so auch der Wealdensandstein des Bückebergs.

Dieser Sandstein findet sich am Hamburger Rathaus ebenso wie am Weißen Haus in Washington. Dass die Saurierspuren gefunden wurden, ändert an den Abbaurechten der Steinbrucheigentümer nichts. Die Steinbruchbetreiber hätten sich bisher sehr kooperativ verhalten, sagt Schmitz. Im übrigen seien die Spuren nur wegen der Steinbrecherei entdeckt worden. Am 21. September können die Funde bei einem Tag der offenen Tür besichtigt werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.