Kommentar Sloweniens Ministerpräsident muss gehen: Ein konservativer Revolutionär

Sloweniens Wähler haben auch gegen die neoliberale Wirtschafspolitik der letzten Jahre abgestimmt. Der neue Ministerpräsident Pahor könnte für mehr gesellschaftliche Ruhe sorgen.

Mit Janez Jansa ist in Slowenien auch dessen neoliberale Wirtschaftspolitik abgewählt worden. In einem stark polarisierenden Wahlkampf hatte der Ex-Pazifist, der während des Krieges 1991 als Verteidigungsminister fungierte und die letzten vier Jahre Ministerpräsident war, versucht, das Steuer noch einmal herumzureißen. Aber nicht einmal das verdiente Renommee, das er sich während der EU-Präsidentschaft seines Landes im ersten Halbjahr dieses Jahres erworben hatte, konnte die Wahlniederlage abwenden.

Janez Jansa gehört zu jener Generation osteuropäischer Politiker, die von US-Präsident Ronald Reagan und dessen Wirtschaftsprogramm fasziniert waren. Den Umbruch in den sozialistischen Staaten Europas nutzten sie dazu, einen möglichst brachialen Wirtschaftsliberalismus zu propagieren. So hatte auch Jansa in den letzten vier Jahren versucht, das slowenische Modell eines sanften Übergangs vom Sozialismus in die Marktwirtschaft zu torpedieren. Dabei handelte er sich aber nicht nur Proteste und Streiks der Arbeiter, sondern auch den Widerstand jener Wirtschaftsbosse ein, die ihre Beschäftigten nicht links liegen lassen wollten. Sogar bei den neuen und wirtschaftsfreundlichen jungen Eliten, die sich der gesamten Gesellschaft verpflichtet fühlten, verscherzte er es sich. Mit seiner Polemik gegen die Partisanen des Zweiten Weltkrieges und seinem Eintreten für die Heimwehr, die einst mit den Nazis kollaborierte, überschritt er für viele Slowenen einen Rubikon. Hinzu kamen Korruptionsskandale und Druck auf die Medien, was zur Entlassung von unliebsamen Journalisten führte - all dies hat den einstmals populären Jansa zur politischen Nebenfigur schrumpfen lassen.

Jetzt muss er mit ansehen, wie sein Konkurrent Borut Pahor, der Liebling der Frauen und Schwiegermütter, die Macht im Alpenland übernimmt. Mit seiner moderaten und alle gesellschaftlichen Gruppen besänftigenden Art dürfte dieser eher in der Lage sein, die Verwerfungen der letzten Jahre zu mildern und wieder für gesellschaftliche Ruhe zu sorgen. Denn trotz mancher Provinzialität ist die slowenische Gesellschaft in ihrem Herzen links geblieben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.