Afghanistan-Einsatz: Club der Neinsager hat Zulauf

Die SPD-Abgeordneten vermissen eine Exit-Strategie. Viele fühlen sich nicht wohl bei der Zustimmung für den Afghanistan-Einsatz. Die Grünen hingegen sind tiefer gespalten denn je.

Bundeswehr im Bundestag: Beobachtung der Abstimmung über den Afghanistan-Einsatz. Bild: dpa

BERLIN taz Noch einen Tag vor der Afghanistan-Abstimmung im Bundestag kichert der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, ins Telefon: In den Reihen seiner Partei werde es sogar weniger "Neins" zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan als 2007 geben.

Am Donnerstag ist die Zustimmung zur Isaf-Mission mit 442 von 570 Stimmen in der Tat überwältigend. Doch verrät ein Blick ins Protokoll: Statt 13 haben in diesem Jahr 20 SPD-Abgeordnete den Einsatz abgelehnt."Ich habe letztes Jahr nur noch mit dem Vorbehalt zugestimmt, dass ich für 2008 eine Exit-Strategie haben will", sagt Ingrid Arndt-Brauer, SPD-Abgeordnete aus dem Münsterland.

Die Heeresfliegersoldaten in ihrem Wahlkreis seien permanent in Afghanistan. "Was sie erzählen, macht mir Angst", erzählt Arndt-Brauer. "Wir bringen die Soldaten in große Gefahr und können ihnen nicht klarmachen, wohin das eigentlich führt."

Deshalb nun ihr "Nein".Ihr Mannheimer Fraktionskollege Lothar Mark hatte zu seinem "Ja" 2007 bereits schriftlich Bedingungen gestellt. Die sieht er 2008 nicht erfüllt. Der zivile Aufbau werde nicht genug verstärkt. Stattdessen "lassen wir uns in den militärischen Teil immer weiter hineinziehen und machen immer stärker auf uns aufmerksam", sagt er.

Er wolle den Außenminister und Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier nicht angreifen, das nicht. Doch laufe die Regierung mit einem möglicherweise richtigen Konzept "ins Leere, wenn die USA nicht mitmachen". Die US-Militärpolitik aber verhindere einen Erfolg in Afghanistan.Ein Aufstand in der SPD-Fraktion steht nicht zu befürchten - die Neinsager sind nicht organisiert, sagen sie. "Aber ich weiß von einigen, die mit Ja gestimmt haben, die sagen, das war jetzt das letzte Mal", sagt Mark.

Zur Bekümmerung vieler Grüner ist das Votum ihrer Fraktion 2008 sogar noch stärker gespalten als zuvor. Den 15 Ja-Stimmen stehen nur noch 23 Enthaltungen und dafür inzwischen 11 Neinsager gegenüber. Er habe sich mit den anderen Nordrhein-Westfalen schon 2007 "nur um der Geschlossenheit willen" enthalten, sagt der Dortmunder Markus Kurth.

Schon damals aber hätten die Jasager um die Hessen-Grünen und Fraktionschef Fritz Kuhn dies eher mit Verhärtung beantwortet, statt ihrerseits eine Enthaltung anzubieten.Nachdem Kuhn auch in diesem Jahr zunächst die Jasager bestärkte, entfiel für Kurth der Grund für eine Enthaltung.

Später stellte der Fraktionschef zwar noch einmal sein "Ja" zur Disposition - aber nur wenn wirklich alle sich enthalten hätten, was jedoch unrealistisch war. Für das Nein-Lager war da die Sache gelaufen, heißt es. "Führungsschwäche", kommentiert Kurth.

Der grüne Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei sieht im "Ja" von Kuhn und anderen Realos eine "Entwertung unserer inhaltlichen Kritik" am Afghanistan-Kurs der Regierung. "Ich hätte gedacht, es wäre ein realpolitisches Argument, dass zur Kommunikationsfähigkeit einer Partei auch die Geschlossenheit gehört", sagt er.

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