ANKE BUHL, MITGRÜNDERIN VON EMBRACING HISTORY : Advokatin der Erinnerung
■ ist Diplom-Sozialpädagogin. Sie arbeitet seit mehr als 20 Jahren bei der AWO Schleswig-Holstein in der Altenpflege. Foto: privat
„Erinnerungen haben eine besondere Bedeutung für Menschen in Pflegesituationen“, sagt Anke Buhl, Mitgründerin von „Embracing History – Geschichte leben“. Das 2008 initiierte Projekt hat den diesjährigen schleswig-holsteinischen Altenpflegepreis gewonnen.
Embracing History zeigt die Biographie von pflegebedürftigen Menschen einmal anders: nicht in Zahlen, sondern in Geschichten. Gegenstand sind Erinnerungen der Kriegskinder, die zur Zeit des Zweiten Weltkriegs aufgewachsen sind, und lange nicht die Zeit oder Möglichkeit hatten, ihre Erlebnisse aufzuarbeiten. „Diese Menschen sind hilfsbedürftig“, sagt Anke Buhl „haben aber ganz wegweisende Erinnerungen“.
Embracing History versucht diese für nachfolgende Generationen festzuhalten, beispielsweise in „Erinnerungskisten“, die aus alten Munitionskisten bestehen, in Faltheften und in einem Film. Künstler haben die Erinnerungen von mehr als 30 Pflegebedürftigen aus Schleswig-Holstein gestalterisch umgesetzt und in verschiedenen Ausstellungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Anke Buhl leistet dafür die „inhaltliche Überzeugungsarbeit“, wie sie es nennt. Sie baut Netzwerke auf, engagiert Partner und organisiert Veranstaltungen. Bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO), bei der sie seit über 20 Jahren arbeitet, ist die gebürtige Kielerin Referentin für Alten- und Pflegepolitik.
Belastende Erinnerungen und Traumata sind oft der Grund für das Verhalten Pflegebedürftiger: „Viele ältere Menschen wehren sich, wenn der Pfleger kommt oder fühlen sich unwohl im Altenheim und niemand weiß warum“, erläutert die Sozialpädagogin. „Wir sind durch das Projekt viel sensibler geworden in der Pflege.“
Anke Buhl hat von ihren Eltern, die 1920 und 1925 geboren sind, selbst wenig über den Krieg erfahren. Ihre Mutter erkrankte früh an Demenz – viele Fragen, die Buhl hatte, blieben deshalb unbeantwortet.
Mit den 3.000 Euro Preisgeld soll Embracing History weitergeführt werden: „Wir denken an ein Haus der Erinnerungen“, sagt Buhl. Mehr möchte sie aber noch nicht verraten. UTB