Ende der Isolationshaft: Mithäftlinge für PKK-Chef Öcalan

Mit einer Lockerung der Isolationshaft für den PKK-Chef reagiert Ankara auf die Kritik des Europarats und Proteste in den Kurdengebieten.

Ein guter Tag für seine Unterstützer: Nach Jahren strenger Isolationshaft soll Öcalan künftig sechs bis neun Mithäftlinge bekommen.

"Bekommt Abdullah Öcalan Besuch am Mittagstisch?", fragte die führende türkische Zeitung Hürriyet am Wochenende und spielte damit auf Gerüchte an, die strenge Isolationshaft des PKK-Chefs auf der Insel Imrali im Marmarameer könnte gelockert werden. Am Montag dann bestätigte ein Regierungssprecher die Geschichte. Die Gefängnisinsel wird für weitere Gefangene ausgebaut, mindestens sechs bis neun andere prominente Häftlinge sollen Öcalan dort künftig Gesellschaft leisten.

"Wir machen Öcalan damit zu einem normalen Gefangenen", sagte dazu Suat Kiniklioglu, Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses des Parlaments, gegenüber Reportern. "Wir können die Haftbedingungen Öcalans dann besser nach außen vertreten".

Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet ein Außenpolitiker zu den bevorstehenden Veränderungen auf Imrali Stellung nimmt. Die türkische Regierung reagiert damit auf massive Kritik des Anti-Folter-Komitees des Europarates. Die Mitglieder des Europarats-Komitees sind die einzigen neutralen Beobachter, die seit 1999, dem Jahr als Öcalan gefasst wurde, Gelegenheit hatten, den türkischen Staatsfeind Nummer eins zu sehen.

Zwar bestätigten die Anti-Folter-Komitee-Mitglieder Behauptungen der Öcalan Anwälte nicht, ihr Mandant würde vergiftet oder sei körperlich misshandelt worden. Doch sie bekräftigten gleichzeitig, dass die Isolationshaft zu schweren psychischen Problemen führt.

Wegen der Haftbedingungen Öcalans hatte es in den kurdischen Gebieten der Türkei immer wieder massive Proteste gegeben. In den vergangenen Wochen war es in Diyarbakir, Van, Hakkari und anderen Städten zu schweren Auseinandersetzungen zwischen kurdischen Jugendlichen und der Polizei gekommen, die an Szenen aus den besetzten Gebieten im Westjordanland erinnerten. Als Ministerpräsident Tayyip Erdogan kürzlich in Diyarbakir und Van auftreten wollte, um damit den Wahlkampf für die Kommunalwahlen im kommenden März einzuleiten, war es für ihn unmöglich, Kundgebungen im Freien abzuhalten.

Als Reaktion auf den Europarat und wohl auch auf die Proteste unter den Kurden in der Türkei soll Öcalan nun demnächst zehn Stunden pro Woche mit anderen Gefangenen verbringen können. Außerdem soll er Sport machen können und einen Fernseher in die Zelle bekommen. Dort kann er dann ab Januar sogar ganz legal kurdisches Fernsehen empfangen, weil bis dahin der staatliche Rundfunk TRT angeblich auch ein kurdisches Vollprogramm senden will, um dem illegalen PKK-Sender Roj TV, der von Kopenhagen aus sendet, Konkurrenz zu machen.

Parallel zu diesen Zugeständnissen an die kurdische Gemeinschaft setzt die Regierung aber weiter vor allem auf die militärische Karte. Außenminister Ali Babacan war vergangene Woche in Bagdad, um dort mit Vertretern der Zentralregierung, der US-Armee und erstmalig auch Mitgliedern der kurdischen Autonomieregierung im Nordirak über neue Schritte bei der Bekämpfung der PKK zu diskutieren.

Die türkische Regierung ist zuversichtlich, dass sie die Kurden im Nordirak zu einer Kooperation gegen die PKK zwingen kann. Zwar sagte am Dienstag der Chef der kurdischen DTP-Fraktion im Parlament in Ankara, Ahmet Türk, die Barsani-Regierung im Nordirak werde niemals gegen die PKK kämpfen. Türkische Medien spekulierten gestern jedoch, Barsani sei vielleicht bereit, der türkischen Armee durch geheimdienstliche Zusammenarbeit den Zugriff auf die PKK-Führer Mehmet Karayilan und Cemil Bayik zu ermöglichen. Die Zellen für die beiden würden ja auf Imrali bereits gebaut.

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