Gegen den Umzug von ProSiebenSat.1: TV-Leute gucken in die Röhre

Die Mitarbeiter von ProSiebenSat.1 machen eine Stunde Warnstreik. Grund ist Post von den Chefs: Die wollen wissen, wer mit nach München umzieht - aber nicht über einen Sozialplan verhandeln.

So spiegeln sich die Schüsseln im Gebäude von ProSieben.Sat1. Bild: AP

Gereckte Fäuste, "Berlin bleibt hart"-Banner und ein zu leises Megafon: Vor dem ProSiebenSat.1-Gebäude in der Jägerstraße machen rund 350 Mitarbeiter der Sendergruppe am Montag den laut Gewerkschaft ersten Warnstreik in der Geschichte des privaten Rundfunks in Deutschland. Eine Stunde lang.

Grund ist der geplante Umzug von Sat.1 nach München. 350 Mitarbeiter sollen zur Konzernzentrale nach Unterföhring verlegt werden. Darüber hinaus werden 227 Stellen im ganzen Konzern gestrichen. Nur der Nachrichtensender N24 und die Sat.1-Zentralredaktion dürfen in der Hauptstadt bleiben. Knapp ein Drittel der 1.200 Beschäftigten soll also ab Juni 2009 nicht mehr am Standort Berlin arbeiten. Den Warnstreik ausgelöst hatte die "Frechheit auf der Betriebsversammlung", wie es Betriebsrat Martin Bendiks formulierte.

Die "Frechheit" - vorgestellt von ProSiebenSat.1-Finanzvorstand Axel Salzmann - ist ein Angebot der Konzernzentrale, das am Dienstag bei den vom Umzug betroffenen Mitarbeitern im Briefkasten landen wird. Darin wird den Sat.1-Beschäftigten "die Pistole auf die Brust gesetzt", sagt der Betriebsratsvorsitzende Ryszard Podkalicki. "Sie sollen sich bis Ende Januar entscheiden, ob sie mit nach München gehen oder lieber eine Abfindung wollen. Obwohl die Mitarbeiter noch nicht wissen, wie ein möglicher Sozialplan aussehen wird." Der ist nämlich noch nicht verhandelt, und die Konzernführung weigert sich, mit Gewerkschaften darüber zu reden. Verhandelt wird nur mit den Betriebsräten - die können nicht so viel Druck ausüben.

"Die Konzernleitung hofft, dass die 227 Stellen, die bundesweit gestrichen werden, von selbst wegfallen", erklärt Podkalicki. "Sie geht davon aus, dass viele den Umzug nach Bayern nicht mitmachen." Dann hätte der Konzern die Stellen abgebaut, ohne entlassen zu müssen. Deswegen wohl auch das kurzfristige Angebot an alle Mitarbeiter: Je mehr bis Ende Januar erklären, ob sie mit nach München ziehen, desto leichter ist das Spiel für die Arbeitgeberseite bei den Verhandlungen über einen Sozialplan für die übrigen Angestellten. Podkalicki rät den Mitarbeitern deshalb davon ab, auf das Angebot einzugehen. Er befürchtet, dass sich die Belegschaft auseinanderdividieren lässt.

Das große Sparen hatte vor zwei Jahren begonnen, als die Private-Equity-Unternehmen Permira und Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR) ProSiebenSat.1 für über 3 Milliarden Euro dem Medienmogul Haim Saban abgekauft hatten. Die Sendergruppe - zu der in Deutschland die Fernsehsender ProSieben, Sat.1, Kabel 1, N24 und 9live gehören - musste auf Geheiß der neuen Eigentümer auf Einkaufstour gehen. Für über 3 Milliarden Euro expandierte ProSiebenSat.1 in Skandinavien und Osteuropa. Seitdem haben sich die Schulden gehäuft, doch die Quoten und Werbeeinnahmen - allen voran bei Sat.1 - hielten nicht mit. Nun muss gespart werden.

Als das Sparen im November Berlin erreichte, hatte sich auch der Berliner Senat in Person von Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) eingeschaltet. Der Senat will Investitionszuschüsse zurückfordern, sollte der Umzug wie geplant ablaufen. Blieben mehr Sat.1-Mitarbeiter in Berlin, will er auf einen Teil der Rückzahlungen verzichten.

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