Kommentar Gute Nachrichten 2009: Armstrongs tiefer Sturz

Lance Armstrong wird endlich des Dopings überführt und kann seine Radsportkarriere knicken. Da hilft ihm auch "wollen" nicht mehr.

Nun ist ihm also doch die lange Nase in die Speichen gekommen. Von diesem letzten Sturz seiner Karriere wird er sich nicht mehr erholen. Lance Armstrong begann seine Radsportkarriere als Mensch. Er konnte ganz gut radfahren.

Dann kam der Krebs. Armstrong erkrankte, überlebte nicht nur, er kehrte als Radler zurück ins Peloton. Immer wenn er antrat, gewann er die Tour de France. Dafür wurde er bewundert. Gehasst wurde er auch - von all denen, die das Gewäsch des Supermenschen nicht mehr ertragen konnten, dieser aalglatten menschlichen Kurbelmaschine, die nie müde wurde zu behaupten, dass auch jeder andere schaffen könne, was er vollbracht hat. Man muss eben nur wollen!

Seine Autobiografie "Die Tour des Lebens", eine dieser Bibeln der modernen Welt, in der dem Leistungsgedanken gehuldigt wird wie einer allmächtigen Gottheit, wird jetzt, nachdem Armstrong mit fremdem Blut in den Adern erwischt wurde, umsortiert werden müssen. Von den Sachbuchregalen zur Belletristik. Es ist ein grandioser Lügenroman. Seine Lehre: Glaub ihnen nicht, wenn sie dir sagen, dass du alles, was du willst, schaffen kannst.

Es waren Ärzte, die Armstrongs Leben gerettet haben, es waren Chemikalien, die Armstrong stärker gemacht haben als die Konkurrenz, es waren Sportmediziner, die so lange an Armstrong herumgedoktert haben, bis dieser unschlagbar war. Armstrong war nicht besser, weil er einen größeren Willen hatte. Er war besser, weil er die nötigen Mittel hatte. Nach Armstrongs Sturz ist es schwerer zu sagen, dass selbst schuld ist, wer es nicht bis ganz nach oben schafft. Das gilt für die Sportwelt ebenso wie für die reale.

Wer auf Zwänge, für die er nichts kann, aufmerksam macht, wer sich gefangen fühlt in einem System, in dem er keinen Platz für sich sieht, der muss sich nicht mehr länger als Jammerlappen bezeichnen lassen. Endlich darf man auf die ewigen Gewinner in diesem System wieder mit dem Finger zeigen und sich fragen, was hinter dem Erfolg steckt, ohne als Neidhammel zu gelten.

Dafür danke, Lance! ANDREAS RÜTTENAUER

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.