Kommentar Sexkaufverbot in Norwegen: Avantgarde oder Hilflosigkeit?

Ein Sexkaufverbot kann ein Fortschritt sein: Wenn gleichzeitig bei den Kunden ein Bewusstsein dafür geweckt wird, wie fragwürdig es ist, einen (Frauen-)Körper kaufen zu wollen.

Die Prostitutionsgesetzgebung hat in den skandinavischen Ländern in den letzten zehn Jahren neue Wege beschritten. Schweden hatte als erstes Land der westlichen Welt 1999 ein Sexkaufverbot eingeführt. Finnland folgte 2007 mit einem Verbot, Sex von offensichtlichen Opfern des Menschenhandels zu kaufen, und ab diesem Jahr geht Norwegen einen Schritt weiter mit einem Gesetz, das den Sexkauf seiner BürgerInnen nicht nur im In-, sondern auch im Ausland unter Strafe stellt. In Dänemark gibt es eine schon länger schwelende Debatte, dem Vorbild der Nachbarländer zu folgen.

Diese Annäherung in der praktischen Gesetzgebung erfolgte von recht unterschiedlichen Ausgangspunkten. In Schweden hatte vor zehn Jahren letztendlich das Argument gesiegt, kein Mensch habe das Recht, den Körper eines anderen zu kaufen. In den übrigen Ländern bestimmten die mit der Prostitution einhergehenden sozialen Probleme die Diskussion. Als die schwedische Gleichstellungsministerin Margareta Winberg 2003 die nordischen Regierungen aufforderte, im Zusammenhang mit der Olympiade einen gemeinsamen Protestbrief gegen den Beschluss Athens zu unterschreiben, Lizenzen für 30 spezielle Bordelle auszustellen, warf ihre dänische Kollegin ihr "Kindermädchenallüren" vor.

Seitdem ist der einigende Referenzpunkt in der Prostitutionsdebatte das Thema Menschenhandel. In Norwegen war die massive Einwanderung ausländischer Prostituierter letztendlich entscheidend für die Verabschiedung eines Verbotsgesetzes. Gerade deswegen entspinnt sich nun dort eine Debatte, ob das Verbot das geeignete Werkzeug gegen Trafficking ist - gespeist auch durch die wenig überzeugenden Erfahrungen Finnlands und Schwedens, über den Versuch der Kriminalisierung der Freier Trafficking zu stoppen. Ein Verbot kann trotzdem ein Fortschritt sein, meinen aber auch SkeptikerInnen: wenn gleichzeitig bei den Kunden ein Bewusstsein dafür geweckt wird, wie fragwürdig es ist, einen (Frauen-)Körper kaufen zu wollen. Ob nun Menschenhandel hinzukommt oder nicht.

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Lebt in Schweden, schreibt seit 1985 für die taz.

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