Werbung mit "sauberer" Kernkraft gerügt: Atomenergie bleibt doch Dreckstrom

Französische Selbstkontrolle kritisiert Werbung des Areva-Konzerns für die angeblich saubere Kernkraft. Der zieht den Slogan aus dem Verkehr - allerdings nur vorübergehend.

Von wegen "Energie im sauberen Sinne": AKW beim französischen Cattenoms. Bild: dpa

PARIS taz "Sauber" ist Atomenergie nicht. Das stellt jetzt zum ersten Mal auch die französische Agentur zur Selbstkontrolle der Werbebranche (ARPP) fest. In dem Land mit der weltweit höchsten Dichte von Atomkraftwerken kritisiert die ARPP einen Werbeslogan, der die Broschüren des Atomkonzerns Areva schmückt: "Energie im sauberen Sinne". Der kritisierte Atomkonzern reagierte und zog den Slogan aus dem Verkehr. Allerdings nur vorübergehend. "Wir wollen die Wogen glätten", sagt eine Konzernsprecherin: "aber ganz streichen wollen wir den Slogan nicht."

Die französischen Grünen haben im Dezember die ARPP angerufen, die den Slogan bei seiner Einführung vor acht Monaten problemlos genehmigt hatte. Der Spruch täusche die Öffentlichkeit, lautet der Vorwurf. Denn er suggeriere, dass Atomenergie eine saubere Sache sei. Als Gegenbeleg verweisen die Grünen auf die schweren Umweltschäden im nördlichen Niger, wo hauptsächlich für Frankreich bestimmtes Uran abgebaut wird, sowie auf die 1.200 alljährlich in Frankreich produzierten Tonnen stark radioaktiven Atommülls, die bis zu 100.000 Jahre lang gefährlich bleiben.

Die französische Werbebranche hat die Agentur ARPP erst im vergangenen Frühling - auch auf Wunsch aus der um ein neues Image ihrer Umweltpolitik bemühten Pariser Regierung - gegründet. Hauptaufgabe der ARPP ist es, die Werbung "öko-verantwortlich" zu gestalten. Die ARPP spricht aber keine Verbote aus, sondern nur Empfehlungen.

Drei große Konzerne, deren Slogans von der ARPP kritisiert wurde, haben diese aber sofort geändert. BMW machte aus seinem ursprünglichen "Vergnügen ist eine erneuerbare Energie" den Slogan: "Vergnügen ist immer verantwortlich". Der Gaskonzern GdF verwandelte den Satz "Eine dauerhafte Energie zwischen uns" in "Eine neue Energie zwischen uns". Und der Ölkonzern Total strich "Für Sie ist unsere Energie unerschöpflich" und machte daraus: "Unsere Energie ist Ihre Energie".

Die neuen Slogans sind nicht unbedingt öko-verträglicher als die alten. Aber sie zeigen, dass die großen Konzerne sensibel auf die höher gewordenen Umweltansprüche von Öffentlichkeit und Politik reagieren. Areva ist - anders als die drei anderen Konzerne - zwar nur zu einer "vorübergehenden Suspendierung" seines Werbeslogans bereit. Aber auch das ist ein deutliches Zeichen für eine umweltpolitische Stimmungsänderung. Vor einem Jahrzehnt konnte die französische Atomindustrie noch ganz anders und ungeniert für ihr strahlendes Produkt werben. "Lélectrique - cest chic" stand damals auf riesigen Werbeplakaten. Und die Franzosen kauften Elektroheizungen.

In diesem Winter zeigen sich neben den Strahlenproblemen der Atomenergie zusätzliche Schwachstellen jener Kampagne: Angesichts der Rekordkälte reicht die Produktion der 58 französischen Atomreaktoren nicht aus, um die Millionen von Elektroheizungen zu speisen. Frankreich muss Strom importieren. Vor allem aus den Kohle- und Gaskraftwerken in Deutschland.

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