BIOBAUERN VERTEIDIGEN MIT „LINDA“ DAS RECHT AUF FREIE ESSENSWAHL
: Ein Sieg für die Knolle

Dass eine kleine gelbe Kartoffel zu einem echten Aufreger werden konnte, ist an sich schon ein Erfolg. Und das auch noch in einem Land, in dem die Erotik des Rallyestreifens allemal prickelnder erscheint als der Charme einer kross gebratenen Bratkartoffel. Aber es gibt noch Überraschungen im Leben und dazu gehörte auch, dass in Deutschland plötzlich Unterschriften für den Erhalt einer Kartoffelsorte gesammelt wurden. Natürlich hatte der Streit um die „Linda“ auch alle Zutaten einer David-Goliath-Geschichte: der Biobauer gegen den Linda-Monopolisten. Es ging letztlich um die Frage, ob eigentlich ein Saatgutunternehmen entscheidet, was in Deutschland gegessen wird.

Jetzt ist der „Kartoffelkrieg“ (Bild) erst mal beendet. Wir haben fast schon wieder vergessen, dass tatsächlich mehrere Tonnen der Knolle am helllichten Tage gerichtlich beschlagnahmt worden waren. Mitten in Europa. Vorbei! Europlant und die Bauern haben sich verglichen. Die schlechte Nachricht: Ausgerechnet Europlant, der böse Bube, wird jetzt weiter an Linda verdienen. Das Lüneburger Unternehmen darf nämlich die beschlagnahmten Kartoffeln als Pflanzmaterial verkaufen. Bauern, die im nächsten Jahr neues Linda-Pflanzgut auf den Acker bringen wollen, sind dann auf Europlant angewiesen. Kröten müssen geschluckt werden.

Der eindeutige Sieger ist in jedem Fall die gelbe Knolle mit dem cremigen Geschmack. Sie bleibt als Saatgut weiter verfügbar, bis dann 2007 die Neuzulassung der Linda hoffentlich für klare Verhältnisse sorgt. Siegerin ist auch die Kartoffel als solche. Eine schönere Werbekampagne für die deutlich unter Imageproblemen und Konkurrenzdruck (Pasta, Pasta!) leidende Feldfrucht hätte sich kein PR-Mann ausdenken können.

Ob der Linda-Streit den Niedergang der Kartoffel aufhalten kann, ist eine ganz andere Frage: Im Einzelhandel werden derzeit 1,36 Euro für den 2,5-Kilo-Pack bezahlt. Größtenteils geschmacksfreie Massenware. Für Linda haben die Bauern, vor allem auf den Wochenmärkten, viel bessere Preise erzielt: bis zu 1 Euro das Kilo. Gerade deshalb ist die Sorte so wichtig. MANFRED KRIENER