Pleite deutscher People-Magazine: Friedhof der Eitelkeiten

Nach "Park Avenue" ist mit "Vanity Fair" das zweite People-Magazin gescheitert, das sich für was Besseres hielt. Wer ist schuld - die Medienkrise oder der Glamourmangel deutscher Stars?

Auf dem Friedhof der Eitelkeiten: "Park Avenue". Bild: dpa

Innerhalb weniger Wochen wird nach Park Avenue (Gruner + Jahr) mit dem Condé-Nast-Projekt Vanity Fair in Deutschland ein zweites großes People-Magazin eingestellt - nach nur zwei Jahren. Dabei ist Condé Nast eigentlich als Verlag mit viel Ausdauer bekannt. Noch im Dezember hatte Verlagschef Jonathan Newhouse beteuert, Vanity Fair auf jeden Fall halten zu wollen. Doch die Werbeeinsätze sind eingebrochen, die mediale Konkurrenz zieht Anzeigenkunden ab, und die Zielauflage von 250.000 Exemplaren wurde bei Vanity Fair nie erreicht - zuletzt lag sie bei etwa 203.000 Heften, davon gut 38.000 Abos und 58.000 Bordexemplare. Nur 76.000 Exemplare wurden am Kiosk verkauft.

"Ein Magazin ist nur gut, wenn es für seine Käufer gut ist - und dann hätten sie es auch gekauft", meint Medienökonom Carsten Winter vom Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. "Es ist schwierig, ein Produkt für eine gesellschaftliche Gruppe zu lancieren, die sich gerade erst entwickelt." Wer sind die "Movers and Shakers", die Ulf Poschardt, Vanity-Fair-Chef im ersten Jahr, erreichen wollte, wer bildet die "revolutionäre Elite"? Und was hat das mit Til Schweiger zu tun, der mit einer Ziege im Arm vom ersten Cover grinste? So gibt Poschardt auch jetzt noch einen guten Sündenbock ab für den schnellen Tod der Eitelkeiten. Doch vielleicht hätte er mit seiner Leidenschaftlichkeit länger gekämpft: "Es geht mit neuen Produkten ja immer darum, einen Unterschied zu machen", so Carsten Winter. "Und ich glaube, dass diesen Unterschied oft einzelne Personen ausmachen. Man kann über Poschardt sagen, was man will, er stand auf jeden Fall für etwas anderes."

Hajo Schumacher war zwei Jahre lang Chefredakteur der Lifestyle-Zeitschrift Max, lange bevor sie Anfang 2008 von Burda beerdigt wurde. "Für den Verlag war damals schon keine Verbesserung absehbar. Das war sozusagen die erste Krisenrunde. Jetzt hat es sich mit Park Avenue und Vanity Fair in ungewöhnlicher Härte wiederholt." Auch er glaubt, dass Vanity Fair nicht eingestellt wurde, weil es ein schlechtes Heft war: "Genau wie bei Park Avenue: Das war ja ein gutes Produkt. Wir befinden uns in einer Strukturkrise. Der Glaube an die 4-farbige, doppelseitige Anzeigenseite ist bei den Unternehmen nicht mehr so stark. Das ist eine historische Zwangsläufigkeit, ein Prozess, der nicht aufzuhalten ist. Vanity Fair ist dabei nicht das Ende." Dass Deutschland einfach die Geschichten von Reich und Schön satt ist, hält Schumacher für Quatsch: "Wir reden doch über nichts anderes mehr als über Leute. Selbst die Politik ist inzwischen fast ,People' pur."

Doch lässt sich mit den deutschen "People" jede Woche ein Hochglanzmagazin füllen? "In Gala ist der Anteil der deutschen Stars gering - und das aus gutem Grund", sagt Peter Lewandowski, Chefredakteur des 1994 gegründeten G + J-Blattes. "Dass auch internationale Stars interessieren, war damals ein Novum für Deutschland. Inzwischen ahmen viele Magazine das nach." Gleichzeitig gebe es wenig glamouröse deutsche Stars. "Deutschland hat gute junge Stars wie August Diehl - doch die achten wenig auf Äußerlichkeiten und brauchen keinen Glamour. Andere, wie Thomas Gottschalk und Günther Jauch, machen sich rar."

Auch Gala habe "die ersten sieben Jahre ums Überleben gekämpft. Alle Neugründungen haben es schwer und Verlagsleiter haben heute nicht mehr so einen langen Atem", so Lewandowski. Als ernsthafte Bedrohung für Gala hat er Vanity Fair nicht gesehen: "Natürlich fällt jetzt ein Stück Konkurrenz weg. Aber wir hatten schon immer ein bedeutend größeres Vertriebs- und Anzeigengeschäft." Er ist überzeugt, dass die Krise noch mehr Magazine betreffen wird: "Wir bewegen uns in dramatischen Zeiten, da wird noch einiges auf uns zukommen. Um Gala habe ich jedoch keine Angst."

Wo die glamourösen Deutschen stecken, fragt sich auch Heike-Melba Fendel, Inhaberin der Künstleragentur Barbarella Entertainment. "In Deutschland reicht es offenbar immer wieder, sich einen Fitnesstrainer zu suchen, die richtigen Kleider zu tragen oder mit jemandem Sex zu haben, der den richtigen Ruhmfaktor hat, um als Star zu gelten. Das verwechselt man hier mit Glamour, in Hollywood gibt es diese Leute nicht. Wir übernehmen die Inszenierung, aber nicht das, was die Inszenierung möglich gemacht hat." Auch Vanity Fair habe versucht, wie ein Blasebalg ein Glamourfeuer am Brennen zu halten, dem in Deutschland einfach das richtige Brennholz fehlt. "Wenn man eine Art von Glamourkultur auf eine Gesellschaft setzt, die diesen Glamour nicht hat, ist man zumindest publizistisch gescheitert." Fendel sieht bei den People-Magazinen aber vor allem ein Personalproblem: "Die Jungs, die diese Magazine machen, haben die Achtziger noch nicht überwunden, die Gesellschaft hat das aber sehr wohl getan."

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