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Bayern München verliert gegen KölnDer Krisen-Klinsmann

Die Bayern haben das Gewinnen verlernt. Das ruft jene auf den Plan, die Klinsmanns Verpflichtung zum Trainer ohnehin nur für ein großes Missverständnis halten.

Ein verschnupfter Radikalmodernisierer: Klinsmanns Team kackt ab, und Präsident Rummenigge hängt den Chef raus. Bild: dpa

Bayern München - 1. FC Köln 1:2 (0:2

An diesem Tag knatterten die Räder der Rollkoffer von Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm ohne Unterbrechung über den genoppten Boden der Interviewzone. Wer einmal ein ganz Großer beim FC Bayern werden will, darf die Interpretationshoheit nicht den anderen überlassen. An diesem verflixten Tag aber sollten mal schön die anderen reden. So ähnlich dachte wohl auch Jürgen Klinsmann. Nach ein paar dürren Sätzen auf der Pressekonferenz rauschte auch der Trainer unaufhaltsam Richtung Stadionausgang.

Also übernahmen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge den größten Teil der Öffentlichkeitsarbeit nach dieser 1:2-Heimpleite gegen den 1.FC Köln. Sie waren peinlich bemüht, sich scharfe Töne zu verkneifen. Und doch rutschten Sätze heraus, die andeuten, dass sich etwas zusammenbraut.

"Heute war es nicht okay", sagte Manager Hoeneß. "Es gibt nichts mehr zu beschönigen." Weiter ins Detail ging er nicht. Vorstandschef Rummenigge raunte: "Wir müssen jetzt schnell die Kurve kriegen, und wir müssen schauen, dass wir schon am Mittwoch damit anfangen." Er meinte das Hinspiel im Champions-League-Achtelfinale bei Sporting Lissabon. Die Partie ist nur die erste von drei brisanten Auswärtspartien, die den Bayern in den nächsten eineinhalb Wochen bevorstehen. Es folgt das Ligaspiel in Bremen und danach die Pokalpartie in Leverkusen. Diese Spiele sind nun unversehens mit einer derart grundsätzlichen Bedeutung aufgeladen, wie es vor zwei, drei Wochen kaum jemand für möglich gehalten hätte - und wohl am wenigsten die Bayern selbst: Das gesamte Klinsmann-Projekt steht auf der Kippe. Und damit droht dem gesamten Verein ein Erdbeben ungeahnten Ausmaßes, weil er sich dem großen Reformator so komplett unterworfen hat.

All die großen Reden vom Aufbau einer europäischen Spitzenmannschaft hallen im Moment nach wie ein schmerzhafter Tinnitus, angesichts der Zwischenbilanz der Rückrunde: vier Spiele, drei Niederlagen. Ihren vorläufigen Tiefpunkt fand die Misere der Bayern gegen den 1.FC Köln. Disziplinierter - man könnte auch sagen: biederer - Durchschnitts-Bundesligafußball, angereichtert mit einer Prise Glück (beim zu Unrecht aberkannten 1:0 von Bayerns Miroslav Klose), stellte die Bayern vor eine unlösbare Aufgabe. Fabrice Ehret (22.) und Daniel Brosinski (34.) erzielten den 2:0-Halbzeitstand für Köln. Daniel van Buytens Anschlusstreffer (84.) kam zu spät. "Wir stehen jetzt ein bisschen dumm da", sagte Jürgen Klinsmann. Uli Hoeneß sagte, er habe "keine Erklärung".

Dass die Tabelle dank des kollektiven Gehumpels der Konkurrenz für die Bayern immer noch gnädig aussieht, beruhigt die Lage so wenig ein Pflaster auf einer tiefen Fleischwunde. "Wir sollten nicht auf die anderen blicken, sondern auf uns", sagte Rummenigge. Und dieser Blick kann nur ungnädig ausfallen.

Wenn der Offensivwirbel einmal abflaut wie gegen Köln, tritt ungeschönt zu Tage, wie ungeordnet Klinsmanns Mannschaft auftritt. An Banalitäten wie taktische Disziplin fühlen sich nur wenige gebunden - und das auch nicht immer. Das wirft entweder ein grelles Licht auf Klinsmanns pädagogische Defizite oder auf seine taktische Unbedarftheit - oder auf beides. Bisher wagt niemand, Klinsmann öffentlich und unmittelbar zu kritisieren.

Aber seine Ideen und seine Sturheit lösen Befremden im Verein aus. Gut illustrieren lässt sich das an der Personalie Landon Donovan. Als Klinsmann im Dezember den US-Amerikaner als Aushilfsspieler vorstellte, dachte noch niemand Böses. Aber schnell begann Klinsmann, Donovan zu einen Angreifer von internationaler Klasse emporzureden. Das erzeugte Skepsis. Skepsis, die Donovan in seinen Einsätzen keinesfalls widerlegt hat. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge machte dem Treiben ein Ende. Per Interview auf der Vereinshomepage verkündete er, dass Donovan nicht verpflichtet werde. Klinsmann musste das als Schuss vor den Bug begreifen.

Zugleich ist diese Episode Dünger für die Zweifel, ob ein Radikalmodernisierer wie Klinsmann ein gedeihliches Auskommen mit den eher konservativ denkenden Bayern-Alphatieren Rummenigge und Hoeneß finden kann - oder alles nicht doch ein großes Missverständnis ist.

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4 Kommentare

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  • S
    Seitensicht

    Es ist immer wieder interessant zu lesen, wie die Medien Lust daran empfinden, Titanen zu erfinden oder Trainer in Frage zu stellen, wenn es nur hilft, die Leserschaft zu unterhalten und bei der Stange zu halten.

     

    Wenn schon, wie im Falle des FC Bayern, der Gesprächsstoff unerschöpflich zu sein scheint, dann sollten sich die vielen Meinungsträger zumindest auf Fakten beschränken und nicht ständig dunkle Ahnungen und Weissagungen produzieren.

     

    Richtig ist doch, dass das Management des FC Bayern München es seit Jahren nicht geschafft hat, dem Verein spielerisch wirklich den Stempel eines echten Spitzenclubs aufzudrücken. Statt dessen hat man immer nur Ansprüche verlautbart, die nie eingelöst werden konnten. Zuletzt wurden hoch dotierte internationale Fußball-Wanderarbeiter angeheuert, die mittlerweile aber wohl schon wieder an ihrem nächsten

    Karriereschritt mit weiterer Gehaltsaufstockung arbeiten. Zuhauf wurden junge Spielertalente auf dem deutschen Markt aufgekauft, vor allem, um sie dem Zugriff der Konkurrenz zu entziehen und sie dann auf der Bank schmoren zu lassen (Podolski, Jansen, Schlaudraff u.a.). Schließlich verkaufte man sie doch wieder weiter. Vor allem bei Jansen haben sie sich dabei herrlich ins eigene Bein geschnitten. Der Eindruck entsteht, dass bei Auswahl und Anstellung von Spielern wenig Sachverstand vorherrscht.

     

    Es ist das Management des FC Bayern, das Großmannssucht und zugleich Kleinkariertheit miteinander verbindet. Die Manager, nicht der Trainer, haben eine Fußballmannschaft zusammengekauft, die zwar unfaßbar teuer ist, aber entsprechend auch satt und ohne Leidenschaft auftritt.

     

    Doch Trost darf auch sein: So hat Barcelona gerade gegen den Tabellenletzten der spanischen Liga verloren. Auch Fußball ist nur eine Sportart, die eigenen Gesetzen folgt, was sie deswegen aber auch spannend macht. Geld allein garantiert noch lange keine gute Mannschaft, es verhindert sogar, dass die Bäume in den Himmel wachsen.

  • T
    ThaiGer

    Nun, den Artikel in der Bildzeitung habe ich auch gelesen. Und der fällt doch um Klassen trivialer und infantiler aus....wen wundert´s? Dafür versteht ihn auch der Otto-Normal-Sesselfurzer.

     

    Aber immerhin beherrschen die Schreiber dort die Rechtschreibung und würden folgerichtig nicht "Bild Zeitung Niveau", sondern korrekt "Bildzeitungniveau" schreiben. Wer noch nicht mal die einfachsten Grundzüge der Rechtschreibung beherrscht, ist mit Sicherheit nicht in der Lage, die Qualität eines Schriftstückes zu beurteilen.

  • Z
    zottelkralle

    na, biste bayern-fan, oder mageste einfach nur den klinsi? ;) fand ihn super, dank dem autor. und ja ich geb zu ich mag die bayern eh nicht...

  • A
    asrael

    Kommentar auf Bild Zeitung Niveau.