Protestaktionen in Kuba: Gegen Kubas ökonomische Apartheid
Seife, Zahnpasta, aber auch Kleidung - in Kuba können viele Produkte nur mit dem "konvertiblen Peso" bezahlt werden. Dagegen haben Aktivistinnen protestiert, und wurden verhaftet.
BERLIN taz Bei Protestaktionen gegen das System des "konvertiblen Peso", also der am US-Dollar orientierten Zweitwährung, sind in Kuba am Donnerstag mehrere Aktivistinnen der Organisation Flamur festgenommen worden. "Aktionen des zivilen Widerstands gehören zum Konzept unserer Organisation", erklärt Belinda Salas Tápanes, die Präsidentin der Frauenorganisation Flamur, die auf Kuba in den letzten Monaten für gehöriges Aufsehen gesorgt hat. Dabei verweigern Aktivistinnen in Restaurants, Apotheken oder Supermärkten die Bezahlung von Speisen und Produkten in konvertiblem Peso (Cuc) und drückten damit ihren Protest gegen die doppelte Währung auf Kuba aus.
Am Donnerstag wurden in Havanna und Matanzas zahlreiche Flamur-Mitglieder verhaftet - in einigen Städten wie Santiago de Cuba oder Pinar del Río allerdings waren sie erfolgreich: Dort durften die Flamur-Mitglieder schließlich in der offiziellen nationalen Währung, eben dem Peso nacional, die Rechnung begleichen.
"Wir leben in einem System ökonomischer Apartheid und dagegen wehren wir uns mit vollkommen legalen Mitteln", erklärt Belinda Salas. Vor einem Jahr wurde die unabhängige Journalistin zur Präsidentin der im Jahr 2000 gegründeten Frauenorganisation gewählt, die nach eigenen Angaben 1.003 Mitglieder zählt. Flamur hat ihre Wurzeln nicht in der Hauptstadt, wo Belinda Salas lebt, sondern in der Nähe der Provinzstadt Holguín, im Osten der Insel.
Gerade auf dem Land sind viele Produkte, darunter Seife, Zahnpasta, aber auch Kleidung und Schuhe, nur gegen den Cuc zu bekommen. Wer nicht aus dem Ausland mit Geldsendungen unterstützt wird, muss in die Lohntüte greifen und zur Wechselstube pilgern.
Derzeit müssen 25 Peso nacional für einen einzigen Cuc auf den Tisch gelegt werden. Bei einem Durchschnittslohn von 417 Peso nacional können die Kubaner zusehen, wie ihr Lohn zerrinnt. Schon eine Flasche Speiseöl kostet 2,20 Cuc in den staatlichen Supermärkten, ein Stück Seife schlägt mit 0,40 Cuc zu Buche und eine Packung Nudeln mit 0,90 Cuc. Gegen diese monetären Verhältnisse wehrt sich Flamur, und dabei sind die Aktionen des zivilen Ungehorsams nur ein Element.
So führte Belinda Salas am 20. November 2008 eine Flamur-Delegation an, die im Büro des kubanischen Parlaments insgesamt 10.024 Unterschriften und den Antrag auf Durchführung eines Referendums über die doppelte Währung abgeben wollte. Doch mit Verweis auf eine ähnliche Initiative 2007 verweigerten die Volksvertreter die Annahme. Seitdem klagen Salas und ihre Mitstreiterinnen über Abhöraktionen und Überwachung. Die Verhaftungen vom Donnerstag deuten in dieselbe Richtung.
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