Leitzins gesenkt: EZB zögert und zaudert

Die Europäische Zentralbank senkt den Leitzins auf 1,5 Prozent - und hinkt damit im internationalen Vergleich weit hinterher.

Im internationalen Vergleich noch viel Zins-Spielraum nach unten: EZB-Chef Trichet. Bild: ap

BERLIN taz Mit Überraschungen hat es die Europäische Zentralbank nicht so. Am Donnerstag senkten ihre Ratsmitglieder den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf 1,5 Prozent. Das ist zwar der niedrigste Stand seit Gründung der EZB im Jahr 1998. Aber genau diesen Schritt hatte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet schon nach der letzten Ratssitzung im Februar angekündigt. Die Börsen hatten ihn längst eingepreist und waren entsprechend unbeeindruckt. Der ohnehin schon schwach gestartete deutsche Leitindex DAX sackte nach dem Zinsentscheid noch einmal ab und lag nachmittags 3 Prozent im Minus.

Dazu dürfte auch beigetragen haben, dass 1,5 Prozent im internationalen Vergleich derzeit viel sind. Kurz vor der EZB hatte die Bank of England (BoE) ihren Leitzins gesenkt - von 1,0 auf 0,5 Prozent. Großbritannien befindet sich nun in einer Liga mit Japan und den USA, wo die wichtigsten Zinsen mit 0,1 und 0 bis 0,25 Prozent praktisch die Untergrenze erreicht haben.

Die EZB will sich mit ihren Trippelschritten weiteren Spielraum für erneute Zinssenkungen lassen. Denn die Zinsen sind das meistgenutzte Instrument der Geldpolitik: Der Leitzins ist der Zinssatz, zu dem sich die Banken Geld bei den Notenbanken besorgen können. Normalerweise geben die Banken Zinssenkungen an ihre Kunden weiter, für Unternehmen und Privatleuten wird es dann billiger, Kredite für Investitionen aufzunehmen. Das wiederum kurbelt die Konjunktur an.

In der derzeitigen Krise, in der die Banken einander kaum noch trauen, funktioniert das allerdings schlechter als sonst. Die Banken halten ihre Zinsen so lange wie möglich hoch und verschärfen zusätzlich die Bedingungen für die Kreditvergabe.

Anders, als die EZB-Strategie nun suggerieren könnte, ist der Nullzins aber auch nicht das Ende jeglicher Geldpolitik. Die anderen Notenbanken demonstrieren längst, dass es auch unkonventionellere Instrumente gibt. Die Fed beispielsweise pumpt seit Monaten zusätzliches Geld in die Wirtschaft, indem sie nicht nur über die Refinanzierungsprogramme Papiere von den Banken ankauft, sondern direkt Unternehmensanleihen, sogenannte Commercial Papers, erwirbt. Auch die BoE kündigte am Donnerstag an, den Banken für umgerechnet 84 Milliarden Euro Staats- und Unternehmensanleihen abzukaufen.

Finanziert werden solche Aktionen, indem die Zentral- und Notenbanken die Notenpresse anwerfen und mehr Geld in Umlauf bringen. Der Sinn ist der gleiche wie bei Zinssenkungen: Mehr Geld ist billigeres Geld, und das kurbelt die Nachfrage an.

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