: Rüttgers allein gelassen
Erst Hu, dann Bush. Und wer besucht NRW nun? Niemand
Mit der Königin durfte er nicht. Als Queen Elizabeth II. vor einem Jahr nebst Gatte Philip in Düsseldorf landete, war Jürgen Rüttgers ein ottonormaler CDU-Abgeordneter des Landtages und wurde nicht auf Staatsgäste losgelassen. Die Adelshand zu tätscheln oblag damals noch Peer Steinbrück, der als SPD-Ministerpräsident auch Promi-Beauftragter war, sich bei der Queen aber auch besonders eignete, weil er tierisch auf britischen Humor steht und gerne englische Witze erzählt.
Aber das ist vorbei. Steinbrück ist jetzt designierter Kassenwart in Berlin und nun darf Rüttgers mit Gästen in Kameras grinsen. In der vergangenen Woche war der chinesische Präsident Hu Jintao zu Gast in Düsseldorf, gestern schaute Jeb Bush vorbei, einerseits Gouverneur des US-Bundesstaates Florida, andererseits Bruder des amerikanischen Präsidenten George W. Mit Hu Jintao palaverte Jürgen Rüttgers über allerlei Kram, über eine engere Zusammenarbeit etwa, nur über Menschenrechte schwieg sich der Ministerpräsident höflicherweise aus. Rüttgers weiß, wie man sich als Gastgeber verhält.
Dann kam Bush. Allerdings, so bitter es ist: Ein richtiger Staatsbesuch war das nicht, eher ein Arbeitsbesuch. Zwar stand Rüttgers am Flughafen stramm, als Bush ankam, auch durfte er mit ihm sprechen. Der eigentliche Anlass von Bushs Besuch war aber ein ganz schnöder: Er war gekommen, um auf der Medizinmesse „Medica 2005“ amerikanische Produkte anzupreisen. Ein Bush weiß, was man sich als Gast alles erlauben kann.
Und jetzt? Wer kommt nach Hu Jintao und Jeb Bush? Fidel Castro? Nein. Auch das ist bitter: Niemand kommt. Zunächst jedenfalls nicht. Heidi Müller, in der Staatskanzlei zuständig für Staatsbesuche, erklärt auf Anfrage: „Nein, für die nächsten acht Wochen haben wir niemanden in der Pipeline.“ Ja, aber: Will sich denn niemand mit Jürgen Rüttgers treffen? Fährt er wenigstens selbst irgendwo hin? Müller: „Nein, auch nicht.“ Da sei zwar einiges in Planung, aber nichts spruchreif. Wahnsinn: Jetzt ist Rüttgers Chef, kann sie alle treffen, die Mächtigen und Wichtigen, aber keiner kommt vorbei. Ein Affront! Nun: Vielleicht erbarmt sich ja Edmund Stoiber, mit dem Rüttgers eine Männerfreundschaft pflegt, die innig zu nennen sich eingebürgert hat. Zeit hat Stoiber ja jetzt, als Nicht-Bundesminister.
BORIS R. ROSENKRANZ