Kommentar US-Geheimgefängnisse: Keine Schlupflöcher, nirgends

Der US-Geheimdienst CIA schließt bestehende Geheimgefängnisse. Doch US-Präsident Barack Obama muss alle Schlupflöcher beseitigen, mit denen sich die USA der Rechtsstaatlich entziehen.

Das Verschwindenlassen von Menschen ist eine typische Terrormaßnahme von Diktaturen. Die Verschwundenen werden oft getötet oder zumindest gefoltert. Das Verschwindenlassen soll Gegner einschüchtern oder den Staat zumindest der internationalen Kontrolle im Umgang mit seinen Gefangenen entziehen. Das Verschwindenlassen von Menschen ist deshalb im Statut über den Internationalen Strafgerichtshof zu Recht als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" eingestuft worden.

Leider hat auch eine Demokratie wie die USA in ihrem oft rechtlosen "Krieg gegen den Terror" Menschen verschwinden lassen. Diese wurden zwar in der Regel nicht getötet, aber jahrelang wussten die Angehörigen der Betroffenen nicht, ob jene noch lebten, wo sie sind und wie es ihnen geht. Es ist deshalb ein Schritt in die richtige Richtung, wenn der US-Geheimdienst CIA bekräftigt, dass er bestehende Geheimgefängnisse schließen und keine neuen errichten will. Allerdings kann man Menschen nicht nur in Geheimgefängnissen verschwinden lassen. So war das US-Gefangenenlager Guantánamo nie eine geheime Einrichtung, doch die Namen der dortigen Gefangenen wurden erst 2006 - rund fünf Jahre nach Aufbau des Lagers - von der US-Regierung veröffentlicht. Auch über die Häftlinge im afghanischen US-Internierungslager Bagram ist wenig bis nichts bekannt. Ziel der USA war nicht zuletzt, Terrorverdächtige an Orte zu bringen, wo sie den Garantien des US-Rechtssystems entzogen sind. Hierzu gehörte auch die Überstellung an befreundete Folterstaaten wie Jordanien, Ägypten oder Usbekistan. Im Krieg gegen den Terror hat sich die US-Regierung viele Schlupflöcher geschaffen, um sich den eigenen rechtsstaatlichen Standards zu entziehen.

Der neue US-Präsident Barack Obama ist nur glaubwürdig, wenn er diese Politik der Schlupflöcher umfassend beendet und sicherstellt, dass die alte Politik der Bush-Jahre nicht einfach mit neuen Schlupflöchern weitergeführt wird. Obama würde seine moralische Autorität dabei enorm steigern, wenn er die bisherige Politik lückenlos transparent macht und die Schuldigen der Justiz übergibt oder - wo dies nicht möglich ist - zumindest feuert.

CHRISTIAN RATH

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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