Rassismus in Ungarn: Es herrscht "Zigeunerhatz"

Bei Mordanschlägen auf Roma in Ungarn sind sieben Menschen innerhalb von sechs Monaten getötet worden. Die Rechten schüren Angst vor den "Zigeunern".

Beisetzung eines der Opfer der Treibjagd auf Roma. Bild: dpa

WIEN tazUngarns Polizei fahndet nach einem Killerkommando. In der kleinen Gemeinde Tiszalök unweit von Miskolc in Ostungarn war in der Vorwoche ein Mann erschossen worden. Nachbarn hatten beobachtet, wie ein schwarz bekleideter Unbekannter in einem schwarzen Auto vorgefahren war, die Scheinwerfer ausgeschaltet und offenbar gewartet hatte, dass das Opfer zu seiner Nachtschicht aufbreche. Der 54-Jährige mit Roma-Wurzeln habe sich gegen 22 Uhr von seiner Frau verabschiedet und sei dann beim Verlassen des Grundstücks in die Brust geschossen worden. Er war sofort tot. Wie die ungarischen Medien melden, geht die 70-köpfige polizeiliche Sonderkommission einer konkreten Spur nach. Sie hat zehn Millionen Forint, umgerechnet etwa 33.000 Euro, für zur Ergreifung führende Hinweise ausgesetzt. Am Tatort sichergestellte DNA weise auf polizeibekannte Täter hin. Es gebe allerdings widersprüchliche Aussagen, ob es einer oder zwei waren.

Das jüngste Opfer ist schon der siebte Rom, der seit November in Ungarn ermordet wurde. Ein Muster ist dabei nicht zu erkennen, zumindest was die Tatwaffen betrifft: Molotowcocktails, Schrotflinten, Handgranaten und jetzt eine noch nicht identifizierte Schusswaffe. 10.000 Personen wurden bereits überprüft, rund 2.000 verhört oder befragt. Die Täter können jedoch mit stillschweigender Zustimmung eines wachsenden Bevölkerungsanteils rechnen. Die von rechten Parteien geschürte Stimmung gegen die "Zigeunerkriminalität" hat in manchen Landesteilen eine regelrechte Pogromstimmung geschaffen. Die mit rund 600.000 Menschen größte Minderheit Ungarns lebt in sozialer Ausgrenzung und teilweise verheerender Armut. Ihr Anteil unter Gefängnisinsassen ist überproportional hoch.

Parteien wie die ultrarechte Jobbik (Bewegung für ein besseres Ungarn) beziehen die Legitimität für ihre Milizen aus der angeblichen Bedrohung durch die Roma. Die rechtsoppositionelle Fidesz wirft der vor zwei Wochen abgetretenen sozialdemokratischen Regierung allerdings vor, diese Partei gezielt finanziert zu haben, um einen Sündenbock für ihr eigenes Versagen zu schaffen.

Die Jobbik und ihre Parteistiftungen haben im vergangenen Jahr rund 90.000 Euro an öffentlichen Geldern bekommen. Miklos Soltesz von der Fidesz machte am Freitag Journalisten darauf aufmerksam, dass die Extremisten Millionen Forint bekommen hätten, während Stiftungen für behinderte Kinder in diesem Jahr leer ausgegangen seien. Allerdings vergaß der Abgeordnete darauf hinzuweisen, dass allen Parteien, die mehr als ein Prozent der Wählerstimmen bekommen haben, solche Förderungen zustehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.