Hans Traxler wird 80: Der Erfinder der "Birne"
Er gehörte zur "Neuen Frankfurter Schule", gründete "Pardon" und "Titanic" mit und zeichnete unzählige boshafte Cartoons. Richtig bekannt machte Traxler der Spottname für Helmut Kohl.
FRANKFURT dpa | Im Alter von fünf Jahren hat er seine erste Bildergeschichte gezeichnet, mit 17 die erste an eine Illustrierte verkauft: Hans Traxler, der am Donnerstag 80 Jahre alt wird, hat in seinem langen Berufsleben Tausende von Zeichnungen produziert. Er ist ein Mann von unglaublicher Produktivität und Vielfalt - und doch sind seine Werke stets als echte "Traxler" zu erkennen.
Der Künstlergruppe der "Neuen Frankfurter Schule" zugehörig, wurde er Mitbegründer der legendären Satireblätter Pardon und Titanic. Später zeichnete er als Cartoonist für renommierte deutsche Zeitungen und Zeitschriften. Richtig berühmt wurde er aber durch die "Birne" - die Spottkarikatur von Bundeskanzler Helmut Kohl in den politisch bewegten Zeiten der 1980er Jahre.
Doch Traxlers Liebe galt schon immer nicht so sehr der scharfen politischen Satire, sondern der komischen Zeichnung im klassischen Sinne. Zum Beispiel, wenn er in einem Cartoon ein niedlich wirkendes Krokodil vor dem Zubettgehen im bürgerlichen Schlafzimmer beten lässt: "Und bitte, bitte lieber Gott, lass doch recht bald mal wieder eines von diesen voll besetzten Touristenschiffen untergehen!"
Das ist boshaft, aber nie böse oder hämisch. Traxler erzählt gerne groteske Geschichten, die sich aus der Situationskomik des Alltags ergeben oder menschliche Schwächen aufspießen. Diese bringt er mit viel Humor zeichnerisch - und mit einem Kommentar versehen - auf den Punkt.
Das ist eine Kunst, die ursprünglich in den USA erfunden wurde. Nicht umsonst ist Traxler ein großer Verehrer der berühmten Cartoons in der Zeitschrift New Yorker. Und Traxlers Werk "Aus dem Leben der Gummibärchen" wurde in den 1990er Jahre das erste in Amerika verlegte Buch eines deutschen Cartoonisten.
Hans Traxler wurde 1929 als Sohn eines Landgendarmen in Herrlich in Nordböhmen - im heutigen Tschechien - geboren. Als verwaister Jugendlicher wurde er nach dem Zweiten Weltkrieg in Regensburg von dem ehemaligen Direktor der Akademie in Prag, Max Geyer, in dessen Obhut genommen.
Später studierte Traxler an der Frankfurter Städelschule. Die akademische Ausbildung ist ihm wichtig. "Das schönste für mich ist zu malen", sagt der Zeichner. Bis 1986 hat er nur der Feder vertraut, bevor er auch den Pinsel für seine Arbeit entdeckte.
Im Frankfurter Museum für Komische Kunst, das Traxler derzeit eine Geburtstags-Ausstellung widmet, sind von ihm erstmals auch Ölbilder zu sehen. Da ist ein anderer Traxler zu entdecken - zum Beispiel mit Gletscherbildern aus Graubünden.
Das im vergangenen Oktober eröffnete Museum ist quasi Traxlers Heimstätte: Die Stadt Frankfurt hat dafür rund 4.000 Arbeiten der "Neuen Frankfurter Schule" angekauft oder als Leihgaben erhalten. Neben Traxler gehören auch Robert Gernhardt, F.W. Bernstein, Chlodwig Poth und F.K. Waechter zur Gruppe.
Für den inzwischen Kult gewordenen Leitspruch der Künstlergruppe ("Die schärfsten Kritiker der Elche/waren früher selber welche") hat Traxler auf einer Zeichnung im Museum das entsprechende Signet geliefert.
Darin sind fünf Elchgeweih-Träger in langen grauen Mänteln zu sehen. Das legendäre Quintett, von dem neben Traxler nur noch Bernstein lebt, hat mit seinem Humor nicht nur die Republik verändert. Es hat sich auch selbst nie zu ernst genommen.
Traxler, Vater von zwei längst erwachsenen Kindern, hat für sich in den vergangenen Jahren wieder was Neues entdeckt: Er illustriert am liebsten literarische Kinderbücher - über Schriftsteller wie Goethe, Heinrich Heine, Shakespeare oder auch Mark Twain. Von Traxler ist noch einiges zu erwarten: "Jeder Tag ohne Zeichnen ist für mich verloren", sagt er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“
Koalitionsvertrag in Brandenburg steht
Denkbar knappste Mehrheit