Nach Kurras-Enthüllung: Kritik an Zufallsfund in Birthler-Behörde

Der Stasiunterlagenbehörde wird vorgeworfen, die Kurras-Akten nur zufällig gefunden zu haben. Ex-DDR-Bürgerrechtlerin Poppe findet die Kritik "absurd".

"Jeder, der die Möglichkeit hat zu forschen, kann forschen": Behörden-Chefin Marianne Birthler. Bild: dpa

BERLIN taz Die Stasi-Enthüllungen über den Todesschützen von Benno Ohnesorg, Karl-Heinz Kurras, haben eine Debatte über die Aufarbeitung der Westaktivitäten des DDR-Geheimdiensts ausgelöst. Der Leiter des Forschungsverbunds SED-Staat, Klaus Schroeder, warf der Stasiunterlagenbehörde von Marianne Birthler vor, die Akten nicht systematisch zu erschließen. Die Akten sollten besser schnell an das Bundesarchiv übergeben werden.

Auch Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) forderte, stärker als bisher die Spionage der Staatssicherheit in der Bundesrepublik zu untersuchen. Das sei von der Birthler-Behörde bisher nicht genug geleistet worden. Körting kritisierte auch, dass die Kurras-Akte nicht gezielt gefunden wurde: "Das so was durch Zufall rauskommt, spricht nicht dafür, dass man in 20 Jahren ein vernünftiges Archiv angelegt hat."

Hubertus Knabe, Leiter der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen, urteilte, die Arbeit der Birthler-Behörde sei "unbefriedigend".

Ulrike Poppe, Ex-DDR-Bürgerrechtlerin und Mitglied der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, wies die Kritik an der Birthler-Behörde indes scharf zurück. Der taz sagte sie, dass sich Außenstehende wie Innensenator Körting offenbar nur "schwer vorstellen können, was es bedeutet, 158 Kilometer Akten und 1,4 Millionen zusätzliche Informationsträger aufzuarbeiten".

Auch wenn die Stasi-Akten ins Bundesarchiv überführt würden, käme die systematische Erschließung nicht schneller voran, weil dies eine Frage des personellen Aufwands sei, so Poppe weiter. Die Kritik insbesondere von Schroeder und Knabe sei "geradezu absurd". Knabe habe 1999 im Auftrag der damaligen Gauck-Behörde über Westagenten der Stasi geforscht, ohne auf die Kurras-Akte zu stoßen. Der Forschungsverbund SED-Staat, den Klaus Schroeder leitet, habe, so Poppe, ein Forschungsprojekt speziell zu den Jahren 1967/68 durchgeführt, ebenfalls ohne die Kurras-Akte zu finden. Dass sich nun gerade jene beschweren, die die Akte selbst nicht fanden, sei "nicht nachvollziehbar".

Behörden-Chefin Marianne Birthler hatte die Kritik gegenüber der Nachrichtenagentur dpa bereits kühl zurückgewiesen: "Jeder, der die Möglichkeit hat zu forschen, kann forschen."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.