Ohne Notkredit droht Insolvenz: Pokern um Karstadts Zukunft

Eigentlich sah es am Sonntag schon so aus, als würden sich die Metro und Arcandor doch über eine Fusion einig. Dann zog Metro eine entsprechende Meldung zurück. Es bleibt eng für Karstadt.

Karstadt-Mitarbeiter fürchten um ihre Jobs. Bild: dpa

BERLIN taz | Der angeschlagene Versand- und Warenhauskonzern Arcandor steht mit seinen Marken Quelle, Karstadt und Thomas Cook unmittelbar vor der Pleite. "Die Situation ist absolut dramatisch", sagte die Sprecherin des Bundesvorstands der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, Cornelia Haß, zur taz.

Noch am Montag müsse die Bundesregierung einen von Arcandor beantragten Notkredit von 437 Millionen Euro bewilligen, fordert Haß. "Ohne diese Rettungsbeihilfe müssen wir am Montag Insolvenz beantragen", sagte auch Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski der taz.

Im Gegensatz zu Bundesaußenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier lehnte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende Staatshilfen ab: "Bei Arcandor muss man zunächst einmal die Eigentümer und Gläubiger stärker fordern", sagte die Kanzlerin der Bild am Sonntag. Wegen Missmanagements zahle etwa Karstadt für seine Warenhäuser völlig überzogene Mieten, kritisierte Merkel.

Jedes Jahr werden offenbar Mietzahlungen von über 280 Millionen Euro an die Immobiliengesellschaft Highstreet fällig, an der die Investmentbank Goldman Sachs sowie Töchter der Deutschen Bank wie des Reifenherstellers Pirelli beteiligt sind. Für fünf weitere Standorte zahle Karstadt jährlich über 42 Millionen an einen Immobilienfonds des Bankhauses Sal. Oppenheim, heißt es. Oppenheim selbst war erst im vorigen Jahr als Großaktionär bei Arcandor eingestiegen.

Arcandor-Vorstandschef Karl-Gerhard Eick hatte deshalb bei einem Krisentreffen im Bundeswirtschaftsministerium einräumen müssen, dass Karstadt schon seit Freitag keine Mieten mehr zahlt. Allerdings habe Highstreet Bereitschaft zu Mietsenkungen signalisiert, sagte Arcandor-Sprecher Koslowski zur taz.

Auch das Bankhaus Oppenheim sei bereit, weitere 150 Millionen Euro zu investieren. Der Konzern habe damit alle Bedingungen der Politik für einen Notkredit erfüllt, so Koslowski: "Wir verzichten auf Bundesbürgschaften, unsere Gesellschafter wollen nachschießen, wir verhandeln mit dem Metro-Konzern über eine Fusion zwischen Karstadt und Kaufhof."

Ein Krisengipfel zwischen Metro-Chef Eckhard Cordes und dem Arcandor-Vorstandsvorsitzenden Eick in München blieb allerdings am Sonntag zunächst ohne Ergebnis. Unmittelbar vor dem Treffen hatte Cordes für einen "Rettungspakt für Arbeitsplätze" geworben.

Dann kam gegen 17 Uhr 30 die Meldung, Metro und Arcandor würden die kommende Woche konkrete Verhandlungen über eine Fusion ihrer Kaufhausketten aufnehmen. Etwas später erklärte die Metro ohne Angaben von Gründen, man solle ihre Meldung über das geplante Zusammengehen ignorieren.

In einer weiteren Meldung hieß es dann vom Metro-Sprecher: "In dem Gespräch wurden die unterschiedlichen Szenarien zur Rettung der Karstadt-Warenhäuser und einer möglichen Bildung einer Warenhaus AG diskutiert." Unverändert erklärte die Metro allerdings, dass die Gespräche kurzfristig fortgesetzt werden sollen.

Immerhin hatte der Metro-Chef schon seit einer Woche für sein Modell geworben: Für 160 der deutschlandweit insgesamt 200 Filialen von Kaufhof und Karstadt bestünde eine langfristige wirtschaftliche Perspektive. Bei der Schließung von 30 Karstadt- und 10 Kaufhof-Filialen seien etwa 5.000 Vollzeitstellen bedroht, so Cordes. Möglich sei aber eine Weiterbeschäftigung dieser MitarbeiterInnen in einer staatlich unterstützten Transfergesellschaft, warb der Metro-Chef für sein Modell.

Wie die Gewerkschaft Verdi argumentiert Arcandor dagegen, Cordes konzentriere sich nur auf den ihm nahestehenden Warenhausbereich und vernachlässige das zum Konzern gehörige Versandhausgeschäft mit den Marken Quelle und Primondo. "Dort sind über 22.000 weitere Arbeitsplätze bedroht", so Gewerkschaftssprecherin Haß.

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