Unauffällig und unkontrolliert

Hahn muss zum Typus der Loose Cannons in der FDP gerechnet werden

Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn Andrea Ypsilanti ihren FDP-Kollegen Jörg-Uwe Hahn bei einem gemeinsamen Flug von Berlin nach Frankfurt nicht so beflissen ignoriert, sondern umgarnt hätte. Vielleicht hätte er dann bald darauf ihrem immer flehenderen Drängen nachgegeben, mit SPD und Grünen eine Ampelkoalition einzugehen – und Hessen wäre seit 2008 wieder von der SPD regiert. So aber stellte sich ein offenbar gekränkter Jörg-Uwe Hahn taub und sicherte mit seiner Nibelungentreue dem CDU-Mann Roland Koch das Amt.

Schon 2000 hatte er dem Ministerpräsidenten die Stange gehalten, als der im Zuge der Schwarzgeldaffäre der hessischen CDU bei einer Falschaussage ertappt worden war und selbst FDP-Freunde dessen Rücktritt forderten. Ansonsten gilt Jörg-Uwe Hahn als Pragmatiker, der umgekehrt schon mal bei den Grünen nach einer möglichen Jamaikakoalition vorfühlt, wenn’s dem eigenen Machterhalt dient.

In der Rolle als Königmacher gefällt sich der 57-jährige Anwalt aus Bad Vilbel. Geboren in Kassel und aufgewachsen in Friedberg, trat er schon während des Studiums in Frankfurt am Main der FDP bei – und zugleich deren „gegen Kapital und Nation“ gerichteter Nachwuchsorganisation DJD. Auf zwei Beinen steht man besser. Diese linksliberale Jugendsünde ist vergessen, Hahn – evangelisch, verheiratet, Vater zweier Kinder – steht in Hessen für ein unverbrüchliches Bündnis mit der CDU.

In der FDP selbst muss er zum Typus der Loose Cannons à la Wolfgang Kubicki gerechnet werden. Er verlässt sich allein auf sich selbst und seine Hausmacht, statt sich einer Parteilinie oder dem guten Rat von Dritten zu beugen. Seit 2006 ist er Landesvorsitzender der hessischen FDP, seit 2009 macht er als stellvertretender Ministerpräsident und Ressortchef für Justiz, Integration und Europa eher unauffällig seinen Job in der hessischen Landesregierung.

Hahn war Schirmherr von Integrationskonferenzen, Verleiher von Integrationspreisen und Unterstützer der sechs hessischen „Modellregionen Integration“. Zuletzt setzte er sich für islamischen Religionsunterricht an den Schulen ein – wie er sich manchmal auch für die Entlassung von Trainern des Fußballclubs Eintracht Frankfurt einsetzt. ARNO FRANK

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