piwik no script img

Fahrverbot wegen AutobombenAnschläge auf Kirchen im Irak

Nach Attentaten in mehreren Städten fürchten die Christen eine neue Welle der Gewalt. Die Zahl derer, die ins Ausland flüchten, wird jetzt wieder zunehmen.

Autobombenanschläge vor Kirchen in Bagdad ängstigen Christen im Irak. Bild: dpa

ERBIL taz | Nach einer Serie von Bombenanschlägen auf christliche Kirchen in Bagdad fürchten die Christen im Irak eine neue Spirale der Gewalt. In den christlichen Ortschaften bei Mossul verhängten die Sicherheitskräfte am Montag ein Fahrverbot, um Autobombenanschläge zu verhindern. Mossul ist neben Bagdad das Zentrum der christlichen Minderheit im Irak.

Mehrere Bombenanschläge vor christlichen Kirchen in Bagdad haben am Sonntagabend vier Tote und mehr als 20 Verletzte gefordert. Vor der Jungfrau-Maria-Kirche in der Palästinastraße im Osten der Hauptstadt explodierte eine Autobombe, als die Gläubigen die Abendmesse verließen. Dem Anschlag fielen vier Personen zum Opfer, unter ihnen ein Muslim. Einige Stunden zuvor waren vor fünf Kirchen in den Stadtteilen Dora und Karrada kleinere Sprengsätze explodiert.

Schätzungen zufolge hat bereits mehr als die Hälfte der rund 800.000 Christen, die 2003 noch im Irak lebten, das Land in den vergangenen Jahren aus Angst vor Gewalt verlassen. Nachdem sich die Sicherheitslage in den letzten anderthalb Jahren verbessert hatte, riefen Pfarrer, Bischöfe und Politiker die Gläubigen zur Rückkehr auf. Sie wollen mit aller Macht das Aussterben einer der ältesten Christengemeinden der Welt verhindern.

Doch gegen die Gewalt sind auch sie machtlos. Nach den Anschlägen vom Sonntag werden noch weniger Gläubige zum Gottesdienst kommen, befürchtet der chaldäische Bischof Shlemon Warduni in Bagdad. Viele würden das Land jetzt voraussichtlich verlassen.

Wer hinter den Anschlägen steckt, ist unklar. Viele Christen hatten befürchtet, dass sie nach dem Rückzug der Amerikaner aus den irakischen Städten Ende Juni den Angriffen von islamischen Extremisten schutzlos ausgeliefert sein würden. Besonders groß ist die Furcht in den Gebieten um Kirkuk und Mossul im Nordirak, die zwischen Arabern und Kurden umstrittenen sind. In Kirkuk fiel ein christlicher Beamter einem Mordanschlag zum Opfer, in den Wochen zuvor waren mindestens vier Christen ermordet worden.

In Karakosh bei Mossul hatte Ende Juni ein Autobombenanschlag neun Tote gefordert. Karakosh ist einer der christlichen Hauptorte in der Ninive-Ebene, die den Christen als historisches Zentrum ihrer Glaubensgemeinschaft im Irak gilt. Um das Gebiet, in dem auch viele Kurden und Angehörige einer schiitischen Minderheit leben, tobt seit langem ein Konflikt zwischen den sunnitischen Arabern und den Kurden, die es in ihren Teilstaat integrieren wollen. Seit dem Sieg der Araber bei den Provinzwahlen im Januar droht der Konflikt zu eskalieren. Eine Serie von Anschlägen und Morden hat den Konflikt in den letzten Wochen weiter angeheizt. "Araber und Kurden streiten sich um unser Gebiet, und wir bezahlen den Preis", sagte Nimrod Sargon aus Karkosh gegenüber der taz. Wie viele Christen fürchtet Sargon eine weitere Eskalation der Gewalt. "Als Minderheit haben wir niemanden, der uns beschützt."

"Araber und Kurden streiten sich um unser Gebiet, und wir bezahlen den Preis"

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

13 Kommentare

 / 
  • A
    aso

    @ schnipp-schnapp, alias t.s.:

    leider sind Sie mal wieder nicht auf dem Stand der aktuelle Realitäten:

    Daß „Die Protokolle der Weisen von Zion“ eine Fälschung sind, hat sich scheinbar noch nicht überall rumgesprochen... Auch nicht bei der Hamas, ist diese Fälschung doch Bestandteil deren Charta.

    Die „weltweite Islamisierung“ war so zu verstehen, daß bezüglich Ihrer Beiträge zu vermuten ist, daß dies Ihren Wunschvorstellungen entspricht.

    „...Unterschiedliche Produkte aus ein und demselben Ungeist...“:

    Nun es war u.a. bin Laden, der zum weltweiten Djihad ausrief. Das Ziel ist bekanntlich eine weltweite Islamisierung. Dies geht ebenso aus etlichen Koransuren hervor.

    Djihad ist der Kamf gegen jeden, der sich weigert den Islam anzunehmen (Sure 8,39).

    Die "Djihad (Kampf) Suren" (60% des Koran) heben alle früheren friedlicheren Suren wieder auf.

    Antisemitismus ist bei muslimischen Mitbürgern in EU immer stärker zu verzeichen. In Paris wurde 06 ein junger Mann aus Judenhass von einer muslimischen "Gang der Barbaren" entührt und bestialisch gefoltert und ermordet.

    "...die...Motive des Mordanschlags von Dresden....":

    Ich sagte bereits: wenn Sie Hellseher sind, bewerben Sie sich bei James Randi. Niemand kann in den Kopf des Täters hineinsehen. Jegliche ihm zugeschriebene Motive sind rein spekulativ.

    Und ob er dann die Wahrheit sagt..., oder das was ale hören wollen, weil er so verwirrt ist, daß er selbst keine Erklärung hat? Sie wissen es, ganz sicher...

  • S
    schnipp-schnapp

    >> Bei solch einem simpel gestricktem Weltbild wäre eine weltweite Islamisierung doch zu bevorzugen.

     

    Früher die 'jüdische Weltverschwörung' - heute die Drohung mit der 'weltweiten Islamisierung'.

    Unterschiedliche Produkte aus ein und demselben Ungeist.

     

    Dazu passt wie die Faust auf's Auge die Verleugnung der Motive des Mordanschlags von Dresden.

    Diagnose: Antisemitismus im neuen Gewand.

  • A
    aso

    @ mehmet:

    „...Alle diese muslimische Terrorgruppen sind von CIA, Mosad und BND ins Leben gerufen worden...“

    Super der Witz... Den Verschwörungstheoretikern ist scheinbar nichts heilig. Nicht mal der „Heilige Krieg“. Womöglich hat man den armen einen Chip eingepflanzt, und so werden sie vom CIA ferngesteuert.

    Na wenn diese Verschwörung bei den Muslimen schon aufgeflogen ist, dann sollte es doch längst echte muslimische Gegenmaßnahmen geben, z.B. eine

    Anti-Al-Qaeda, Anti- Taliban usw. , die diese CIA-Marionetten vor Ort wirksam bekämpfen....

    „...genauer informieren..“

    Gute Idee. Nennen Sie doch bitte die Quellen Ihrer glasklar analysierten Recherche.

    Damit andere auch von Ihrem profundem Wissen und aktuellen sensationellen Aufdeckungen profitieren können.

    Damit endlich alle wissen, wie es wirklich war...

  • RT
    Raif Toma

    Und der Westen schweigt weiterhin schon seit 1915 und die Massaker wiederholen sich und Schweigen bedeutet auch Mitschuld, was auch an Ruanda erinnert.

    Viele irakische Christen, einschließlich ihrer politischen und religiösen Führer, wünschen sich eine Selbstverwaltung uner internationalem Schutz in dem von der irakischen Verfassung gebotenen Rahmen.

    Das ist die einzige Lösung

     

     

    Raif Toma

  • M
    mehmet

    @aso

    vielleicht solltest du dich genauer informieren. Alle diese muslimische Terrorgruppen sind von CIA, Mosad und BND ins Leben gerufen worden um ihre Kriege in Mittelosten zu rechtfertigen.

    Al-Qaeda, Islamischer Dschihad, Dschund-o-Allah, Islamischer Fedaien, Taliban usw.

  • A
    aso

    @ muslimische mitbürgerin:

    „...genauso siehts aus...“:

    Nur für Leute, die Scheuklappen tragen...

    "Bagdad Burning" : grundsätzlich kann es in einem islamischen Land keine Gleichstellung mit Nichtmuslimen geben, wie sie hier von der „Islamkonferenz“ gefordert wird. Andersgläubige (oder muß es heißen „Ungläubige“?) haben bestenfalls einen Dhimmi-Status, schlechtenfalls sind sie vogelfrei, wie die Bahai im Iran.

    „...Eine Schande ist es, wenn ein Gotteshaus zerstört wird, und das wird Ihnen der Großteil der muslimischen Bevölkerung dort sagen...“:

    Die Kirche in Ägypten wurde vom Mob abggefackelt. Die Polizei stand daneben...

    „...ist man noch lange kein Befürworter der Hamas....“

    Hier irren Sie eindeutig mit ihrer Fürsprache: "schnipp-schnapp, alias t.s" ist nicht nur ein Befürworter der Hamas, sondern auch von deren Terroristischen Aktivitäten, die er als legitim bezeichnet.

    Womöglich kennen Sie ihn nicht. Vermutlich sollten Sie ihn für sich selbst sprechen lassen, statt blinder Fürsprache in falscher Richtung.

    „...Aber für Sie gibt es wahrscheinlich auch nur radikale Muslime und aufgeklärte, zivilisierte Westler. Letztere sind natürlich die besseren Menschen...“

    Meilenweit daneben: ich kenne nette Muslime. Sie verwechseln hier berechtigte Islam-Kritik mit dem Generalverdacht alle Muslime seien Terroristen (aber leider sind die überwiegende Mehrheit der Terroristen, die in den letzten 10 Jahren Anschläge verübt haben Muslime).

  • MM
    muslimische Mitbürgerin

    Nachtrag: Das im Irak auch Moscheen brennen und Muslime umgebracht werden, wird an dieser Stelle natürlich nicht erwähnt. Das schiebt dort niemand auf die Christen, weil es auch nicht so ist. Das Land wurde für Kriminelle jeglicher Art geöffnet und damit muss die gesamte Bevölkerung leben. Von der Politik ist keine Hilfe zu erwarten.

  • MM
    muslimische mitbürgerin

    @schnipp-schnapp: genauso siehts aus.

     

    @R. Wegener: Sie scheinen den Durchblick zu haben. Schwarz und Weiß und dazwischen gibt es nichts. Ich empfehle Ihnen das Buch "Bagdad Burning". Christen und Muslime haben im Irak jahrhundertelang friedlich miteinander gelebt. Aber wenn der Westen auftaucht um Demokratie zu bringen, schaffen sie nichts als Chaos und Destabilisierung. Eine Schande ist es, wenn ein Gotteshaus zerstört wird, und das wird Ihnen der Großteil der muslimischen Bevölkerung dort sagen. Aber die kommen ja hier in den Medien nicht zu Wort. Aber das wäre auch zuviel für den Otto-Normal-Bürger der lieber sein Feindbild weiter aufrecht erhalten will. Das ist gemütlicher, als sein Weltbild ein klein wenig zu verändern.

     

    @aso: auch hier gibts nur Schwarz und Weiß. Nur weil man sich gegen die antiislamische Stimmung ausspricht und ein wenig mehr nachforscht, als nur Berichte von Mainstreammedien zu übernehmen, ist man noch lange kein Befürworter der Hamas. Aber für Sie gibt es wahrscheinlich auch nur radikale Muslime und aufgeklärte, zivilisierte Westler. Letztere sind natürlich die besseren Menschen.

  • A
    aso

    @ schnipp-schnapp, alias t.s.:

    „...Auch das ein Ergebnis westlicher Politik....“

    Sicher doch, an Terroranschlägen islamischer Wirrköpfe ist schon mal per se der Westen schuld.

    Bei solch einem simpel gestricktem Weltbild wäre eine weltweite Islamisierung doch zu bevorzugen.

    Daß Sie neuerdings über übersinnliche Fähigkeiten verfügen, und bestens über die Motive des Mörders in Dresden Bescheid wissen: Hut ab:

    Sie sollten sich an die James Randi Educational Foundation wenden. Dort gibt es immerhin

    1 Million Dollar für denjenigen, der paranormale Fähigkeiten unter Beweis stellen kann.

    Da Sie selbst sicher diesen westlichen kapitalistischen Mammon ablehnen, könnten Sie es der Hamas spenden.

  • S
    schnipp-schnapp

    Auch das ein Ergebnis westlicher Politik.

     

    Und wie üblich sind die feixenden Brandstifter zur Stelle, die sich so wie üblich als Feuerwehr ausgeben.

    Genau die Leute, die mit ihren hasserfüllten Halbwahrheiten den ideologischen Boden für den Mörder in Dresden gedüngt haben.

     

    Mit freundlicher Rückendeckung bürgerlicher bis ex-alternativer Medien, in denen sich der post-antisemitische Anti-Islamismus unter dem Mäntelchen der Aufklärung ausbreitet.

  • S
    SKLAVE

    Während Christen in muslimischen Staaten diskriminiert, verfolgt, verbrannt, getötet werden, wachsen hier die Moscheen gen Himmel und wehe es kommen jemand bedenken bezüglich einer schleichenden Islamisierung.

  • RW
    R. Wegener

    So, wer entschuldigt sich nun. Wenn für eine Marwa die halbe deutsche Regierung in die Kniee geht, müssten für Dutzende Tote der gesamte Magreb auf Knieen um Entschuldigung rutschen. Es wäre schön, wenn diejenigen, die sich wegen Marwa aufgeregt haben, sich genauso wegen dieser Morde aufregen. Ist aber wohl zu viel verlangt, liebe "muslimische" Mitbürger?