Lebensmittelmulti gegen Dokumentarfilm: Unfruchtbarer Protest
Der Konzernmulti Dole geht gegen einen kleinen schwedischen Dokumentarfilm vor, der schlechte Arbeitsbedingungen anprangert. Und erzeugt damit jede Menge miese Publicity.

Zugreifen? Obacht! Bild: reuters
Den ganz dicken Knüppel hat der Fruchtkonzern Dole aus dem Arsenal geholt. Gegen die kleine schwedische Filmproduktion "WG-Film" ließ er am Mittwoch vergangener Woche vor dem obersten Gericht im US-Bundesstaat Kalifornien Anklage erheben. Die Begründung: Ihr Dokumentarfilm "Bananas!" kränke die Ehre von Dole Food Company und 75.000 Beschäftigten weltweit, da er geschäftsschädigend sei. Die Klage könnte die Filmproduktion teuer zu stehen kommen. Offenbar soll so ihr unbequemer Film gestoppt werden.
Der Regisseur Fredrik Gertten porträtiert in "Bananas!" nicht nur die Machenschaften der nicaraguanischen Bananenindustrie, sondern auch den Kampf von Landarbeitern, die Dole Food beschuldigen, das giftige und seit einigen Jahren verbotene Schädlingsbekämpfungsmittel DBCP illegal auf den Plantagen angewendet zu haben. Mit der Folge, dass die Arbeiter unfruchtbar geworden seien. Zentrale Figur des Films ist der Landarbeiter-Anwalt Juan Dominguez. Im Mittelpunkt steht der von ihm vor einem US-Gericht angestrengte Prozess, der 2007 zugunsten der Arbeiter ausgegangen war. Seit Ende der Dreharbeiten nahm das Gerichtsverfahren allerdings eine neue Wendung.
Vor wenigen Wochen wurde das ursprüngliche Urteil aufgehoben, da eine Berufungsrichterin der Ansicht war, verschiedene Teile der Klageschrift beruhen auf unrichtigen Angaben. Dominguez wurde vorgeworfen, bewusst Aussagen und Beweise gefälscht zu haben. Als Dole klar wurde, dass der Dokumentarfilm dennoch im Wettbewerb des Ende Juni gestarteten Filmfestivals von Los Angeles uraufgeführt werden sollte, versuchte der Konzern die Aufführung zu stoppen. Die Klage wurde aber von einem US-Gericht unter Hinweis auf das Recht der Meinungsfreiheit abgewiesen. Worauf der Konzernmulti bei den Sponsoren des Filmfestivals vorstellig wurde. Mit dem Resultat, dass der Film nicht mehr im Wettbewerb, sondern nur noch im Nebenprogramm gezeigt werden durfte: Als "case study" mit anschließender Diskussion und der einleitenden Erläuterung, dass das, was im Film als Tatsache geschildert werde, inzwischen mit der Wirklichkeit nicht mehr unbedingt übereinstimme.
Nun will Dole mit einer 55-seitigen langen Klageschrift nicht nur weitere Aufführungen des Films verhindern und die Schließung der "Bananas!"-Internetseite erzwingen. Dem Regisseur soll auch gleich noch verboten werden, Interviews zu geben, in denen irgendwelche Behauptungen aus dem Dokumentarfilm wiederholt werden. Eine Klage, in der Gertten "eine Million Fragezeichen" und einen Maulkorb sieht. Dole komme mit seinen Argumenten im Film durchaus zu Wort. Und der Konzern bringe nun die gleichen Behauptungen vor wie in dem Gerichtsverfahren um den angeblichen Chemikalieneinsatz, bei dem man sich erfolgreich auf 16 anonyme Gegenzeugen berufen hätte.
Die Anwälte des Regisseurs werfen der Gegenseite vor, jegliche kritische Darstellung von Doles Geschäftspraktiken verbieten zu wollen. Aber: "WG-Film" ist entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen. "Bananas!" soll trotz der Dole-Klage am 1. August auf dem Filmfestival im schwedischen Båstad gezeigt werden und ab Herbst zunächst in den schwedischen Kinos anlaufen. Senderechte hat als Mitproduzent auch Schwedens öffentlich-rechtliches Fernsehen SVT, deren Justiziare momentan noch die Rechtslage prüfen. Coproduzenten von "Bananas!" sind im Übrigen auch das ZDF und Arte.
Was die Dole Food Company mit ihrer Klage bislang vor allem erreicht hat, ist wachsende Aufmerksamkeit für den Film und Negativpublizität über sich selbst. "Du glaubst vielleicht, du kaufst nur eine Banane, aber tatsächlich finanzierst du damit kulturelle Zensur", heißt es in einem Kommentar der Stockholmer Tageszeitung Dagens Nyheter. Dort warnt Maria Schottenius, Kulturchefin der Zeitung, vor einer Entwicklung, mit der finanzkräftige Konzerne unliebsame Informationen unterdrücken könnten, sich "schamlos diktatorischer Prinzipien bedienten" und "Meinungsfreiheit nur noch eine bedeutungslose Phrase ist, wenn kommerzielle Interessen bedroht sind". Maria Schottenius ruft zum Protest auf: "Identifiziert die kleinen Aufkleber auf Bananen, Äpfeln, Aprikosen und anderen Früchten: kein Produkt der Dole Food Company in meinem Einkaufskorb."
Leser*innenkommentare
willy
Gast
Ist es dem letzten noch nicht klar geworden, wohin die Reise geht?
Die Konzerne diktieren die Welt. Da interessiert doch nicht so ein Beikram wie Demokratie oder Meinungsfreiheit, das stört doch nur bei der Profitmaximierung.
Diktatur des Kapitals wollen die wirklich Perversen dieser Welt.
Und die Naiven glauben der Propaganda, dass es nach der Weltwirtschaftskrise besser wird.
vic
Gast
Noch ein Beispiel:
Die frühe Verbrecher-Organistion "United Fruits Company", heute "Chiquita", handelt u.A. mit Bananen. Mit dem "Rainforest-Siegel".
Früher wurden Bananen und Arbeitskräfte mit Gift eingenebelt, heute werden die Stauden in Giftsäcken vorgereift. Für Arbeitskäfte dieselbe Giftdosis, für Konsumenten ein gutes Gefühl.
ARE
Gast
Dole handelt nicht "fair" geschweige denn "bio". Mit dem Ausscheiden des Unternehmens vom Markt wäre wahrscheinlich die "Gefahr" verbunden, dass die Bauern mehr verdienen bei besseren Arbeitsbedingungen und zudem ein börsennotiertes Unternehmen weniger einer gierigen Klientel dienen kann.
Ullrich F.J. Mies
Gast
Ich kaufe keine Früchte mehr von Dole.
Keine Unterstützung für Meinungsdiktatoren.
Weitersagen!
Anne Ba
Gast
Hier ein interessanter Spot zu dem Thema Bananen und Gift:
http://www.youtube.com/watch?gl=DE&hl=de&v=2OQfZ4XP2Uw
Also immer schön Bio-Bananen kaufen!