: Schill am Telefon
Verbraucherzentrale mahnt Betreiber von 0190er-Nummern ab, die mit Hilfe automatischer Anrufe die Leute übers Ohr zu hauen versuchen
von Gernot Knödler
Hatten Sie auch schon mal Ronald Schill am Telefon? Der wild gewordene Ex-Richter ließ in seinem letzten Wahlkampf automatisch bei der Wählerschaft anrufen: Seine markante Stimme kam vom Band. Würde eine Firma so werben, wäre das übrigens illegal. Weil sich dennoch die Beschwerden häufen, hat die Verbraucherzentrale jetzt 40 Unternehmen abgemahnt, die hinter solchen unerbetenen Anrufen stecken. Viele von ihnen belassen es nicht bei der fernmündlichen Belästigung: Sie versuchen den Angerufenen dazu zu bringen, eine teure 0190er-Nummer zu wählen, um ihn auf diese Weise auszunehmen.
„Wir sind Ende vergangenen Jahres auf das Problem aufmerksam geworden“, sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale. Seit Januar hätten sich wöchentlich 50 Menschen über automatische Werbeanrufe beschwert. Die meisten Angerufenen machten es wie Fritz Busch aus Wilhelmsburg. Dem Rentner versprach die Maschinenstimme einen Gewinn von 3.000 Euro in bar. Um den angeblichen Gewinn einheimsen zu können, hätte er eine 0190er-Telefonnummer wählen müssen – Kosten: 1,86 Euro pro Minute. Busch ließ die Finger von der Tastatur und sparte sich Ärger. Er schnitt den Anruf mit, sodass die Verbraucherzentrale gegen den Anrufer vorgehen kann.
Die Betreiber betrügerischer Mehrwertdienste leben von denen, die dem Sirenen-Gesang vom unverhofften Gewinn nicht widerstehen können und bei der angesagten Nummer anrufen. Dabei werden sie in ein Gespräch verwickelt, dass schwuppdiwupp 20 bis 30 Minuten dauert, zu nichts führt und 40 bis 50 Euro kostet. Der Stundenpreis für solchen Nepp liegt bei 111 Euro – angesichts oft einstelliger Call-Center-Löhne ein Riesengeschäft für den Anbieter.
Wer einen solchen Anruf erhält, sollte Nummer und Uhrzeit notieren und an die Bundesnetzagentur (www.bundesnetzagentur.de, Tulpenfeld 4, 53113 Bonn) weiterleiten. Die Agentur überwacht den Wettbewerb im Telekommunikationsnetz, tut sich aber schwer, unseriöse Anbieter von Mehrwertdiensten von seriösen zu unterscheiden. Denn auch die Verbraucherzentrale nutzt für ihren Beratungsdienst 0190er-Nummern, allerdings nur gegen 1,24 Euro pro Minute und für eine echte Leistung.
Gegen die unseriösen Anbieter per Abmahnung und Unterlassungserklärung vorzugehen, ist schwierig, weil die Betreiber der Nummer im Ausland sitzen oder deutsche Firmen, die Nummern an ausländische Dritte weitervermietet haben. Man könne nicht für das Handeln der Mieter verantwortlich gemacht werden, lautet die Standard-Antwort. „Ich bin etwas ratlos, was man in solchen Fällen tun kann“, gibt Edda Castelló zu.
Wenn den Betrügern schon nicht das Handwerk gelegt werden kann, so können sich die Geneppten wenigstens wehren. Die Verbraucherzentrale empfiehlt, die Kosten des Mehrwertdienstes von der Telefonrechnung abzuziehen. Es werde eine Flut von Mahn- und Inkassoschreiben mit immer höheren Forderungen kommen, prophezeit Castelló. Damit versuchten die Firmen aber bloß Druck zu machen. Castelló: „Wenn ein Inkassobüro Geld haben will, muss es sich einen Titel besorgen.“ Dafür müsste die Firma aber vor Gericht nachweisen, dass ihr das Geld zusteht – was ihr nicht gelingen dürfte.