: Ideologische Versatzstücke
betr.: „Sehnsucht nach Welt“ (Gemischte Eindrücke von der Dokumentarfilmwoche in Duisburg) von Stefan Reinecke, taz (Kultur) vom 8. 11. 05
Stefan Reineckes Text verrät sich selbst. Er beklagt die Zwänge der Abstraktion und wünscht sich dokumentarische Bilder, die sich dem Klammergriff der Ideen entziehen. Sobald er jedoch auf die Filme zu sprechen kommt, die seiner Vorstellung entsprechen, öffnet er das Fass an ideologischen Versatzstücken, mit denen die Hersteller solcher Filme gleichzeitig (und offensichtlich erfolgreich) kalkulieren. In Reineckes Worten schlägt sich das nieder in Begriffen wie der „Balance zwischen Selbstentäußerung und -beherrschung“ (ein der aktuellen Arbeitswelt entsprechender Topos, der im Übrigen seit Jahren die Bilder in der Werbung prägt) oder dem „Abgrund in jedem Menschen“, um nur zwei Bespiele zu zitieren.
Jenseits der Kritik an solchen Übereinkünften wäre eine weniger affirmative Lesart Kracauers wünschenswert. Die Konstruktion von Wirklichkeit spielt sich nicht nur auf der ästhetischen Ebene ab, sondern hat ihren Ort in den Produktionsverhältnissen, auch in denjenigen des Films. Der von Reinecke als „verschraubter Versuch“ gebrandmarkte Film von Viola Stephan: „The Making of“ war unter anderen eine der in Duisburg gezeigten Produktionen, die einen unvernebelten Blick auf diesen Ort ermöglichten. KLAUS BARM, Berlin