Kommentar Jürgen Rüttgers Sprüche: Kalkulierte Entgleisung

Jürgen Rüttgers schlägt aus politischem Kalkül ausländerfeindliche Töne an, so, wie er es schon bei seiner "Kinder statt Inder"-Kampagne im Landtagswahlkampf 2000 tat.

Jürgen Rüttgers ist ein Wiederholungstäter. Der Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens ist auf mehreren Wahlkampfveranstaltungen über Rumänen hergezogen, die - anders als ordentliche deutsche Arbeiter - "kommen und gehen, wann sie wollen, und nicht wissen, was sie tun". Diese Entgleisung entsprang keinem Blackout, sie war auch kein einmaliger Ausrutscher. Die Herabwürdigung ist vielmehr fester Baustein diverser Reden zur Kommunalwahl, in denen Rüttgers die Verlagerung eines Nokia-Standortes thematisierte. Einmal mehr schlägt er also aus politischem Kalkül ausländerfeindliche Töne an, so, wie er es schon bei seiner "Kinder statt Inder"-Kampagne im Landtagswahlkampf 2000 tat.

Wenn sich nun der CDU-Ministerpräsident vor allem mit dem Argument verteidigt, er habe ja nur die hervorragenden Leistungen deutscher Beschäftigter betonen wollen, macht das die Sache nur schlimmer. Er bedient sich damit einer Hierarchisierung, die auch Rechtsextreme lieben - hier die fleißigen Deutschen, dort die faulen Ausländer. Indem man andere abwertet, wertet man sich selbst schließlich wunderbar auf. Natürlich wäre es Rüttgers erlaubt, Wirtschaftsstandorte zu vergleichen. Und es wird stimmen, dass Nokia in einem Land mit schlechter Infrastruktur mit mehr Problemen zu kämpfen hat als im hochindustrialisierten Deutschland. Doch so differenziert argumentiert Rüttgers eben nicht. Er schreibt mit seinem Satz einer Ethnie pauschal schlechte Eigenschaften zu.

Dieser Populismus mit rassistischen Untertönen erklärt die WählerInnen für dümmer, als sie sind. Sie goutieren dumpfe Kampagnen nicht mehr. "Kinder statt Inder" hat 2000 nicht funktioniert, Roland Koch wäre 2008 nach seiner Hetze gegen kriminelle Migranten beinahe in der Versenkung verschwunden. Rüttgers schadet mit seiner Gratwanderung also nicht nur der demokratischen Kultur - sondern letztlich auch sich selbst.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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