Korruption und Interessenkonflikte: Geschmiert in die Finanzkrise

Fehlende Rechtschaffenheit der Unternehmen führte zur Krise, so Transparency International. Unternehmen und Regierungen müssten wirksamer gegen Korruption vorgehen.

Falsche Ratings gehörten zu den wesentlichen Verursachern der Krise. Bild: ap

BERLIN rtr | Korruption hat nach Ansicht von Transparency International (TI) die Finanzkrise beschleunigt. Deshalb müssten Unternehmen und Regierungen stärker dagegen vorgehen, forderte die Antikorruptionsorganisation in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Bericht über Bestechung im Privatsektor. "Es geht nicht nur darum, Korruption in der Geschäftswelt anzugehen - es ist auch wichtig für die Finanz- und Wirtschaftsstabilität und die laufenden Reformen der globalen Finanzarchitektur", schreiben die Autoren.

Die Organisation mahnt vor allem an, dass Firmen ihre Lobbyarbeit und die finanzielle Unterstützung für Parteien transparenter machen müssten. Zusätzlich seien die Regierungen gefordert, bestehende Gesetze besser durchsetzen und im Kampf gegen Korruption mehr zusammenarbeiten.

Korruption und fehlende Rechtschaffenheit der Unternehmen seien eine entscheidende Ursache für die Finanzkrise gewesen, sagte TI-Direktor Christiaan Poortman. Vor allem Rating-Agenturen hätten sich in einem Interessenkonflikt befunden: Sie werden von den Unternehmen bezahlt, die sie bewerten. "Bei großen Risiken drückten sie die Augen zu. Das ist natürlich eine Form von Korruption." Falsche Ratings, also Bestnoten für Wertpapiere, die sich später als wertlos erwiesen, gehören zu den Mitverursachern und Antreibern der Krise.

Für Deutschland macht die Organisation "eine neue Dimension" von Korruption in der Arbeitswelt aus. "Es gibt Firmen, die finanzieren oder gründen arbeitgeberfreundliche Gewerkschaften, die mit traditionellen Gewerkschaften konkurrieren und diese schwächen sollen." Transparency International verwies dabei unter anderem auf die Mitarbeitervereinigung AUB, die ein früherer Siemens-Vorstand mit verdeckten Millionenzahlungen unterstützte. Die zusätzliche Affäre um schwarze Kassen und Schmiergelder kosten den Siemens-Konzern mehr als zwei Milliarden Euro und stellen den größten Korruptionsskandal der deutschen Wirtschaftsgeschichte dar (siehe Text unten).

Transparency International äußerte Zweifel, ob die deutsche Gesetzgebung ausreicht, um mit dieser neuen Art von Bestechung umzugehen. Die Bundesregierung sollte überlegen, ob sie nicht einen kriminellen Tatbestand einführen sollte, der das Schmieren von Gewerkschaften oder ähnlichen Gruppen betrifft.

Die Antikorruptionsgruppe kritisierte zudem, dass viele Vertreter von Privatfirmen oder Lobbygruppen vorübergehend für Bundesministerien gearbeitet hätten. Einen neuen Korruptionsindex veröffentlichte TI nicht. 2008 hatte sich Deutschland um zwei Plätze auf den 14. Rang unter 180 Ländern verbessert. Dies lag allerdings vor allem daran, dass andere Staaten zurückgefallen waren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.