Mercedes Sosa ist tot: Dank an das Leben

Ein halbes Jahrhundert war die argentinische Sängerin Mercedes Sosa die wichtigste Vertreterin des Canto Popular, des auch politisch bedeutsamen neuen Volksliedes.

Mercedes Sosa bei einem Konzert in der Oper von Tel Aviv im Oktober 2008. Bild: dpa

Mercedes Sosa ist tot. Die argentinische Sängerin starb am frühen Sonntagmorgen im Alter von 74 Jahren in der Trinidad-Klinik in Buenos Aires. Ihr Leichnam wird im Kongress aufgebahrt. Die Bevölkerung soll Abschieden nehmen können von La Negra, der Schwarzen, wie sie die Menschen liebevoll nennen. Die Radio- und Fernsehkanäle haben ihr laufendes Programm unterbrochen und senden ihre Lieder: "Gracias a la vida" und "Alfonsina y el mar" klingt aus den Lautsprechern.

Mercedes Sosa war am 18. September wegen eines Leberleidens in die Klinik eingeliefert worden. Am Mittwoch wurde sie nach einem Herz-Kreislaufkollaps auf die Intensivstation verlegt und künstlich beatmet. Am Freitag wurde sie in ein künstliches Koma versetzt. Ein Priester gab ihr zuvor die letzte Ölung. Ihr Zustand verschlechterte sich stündlich. "Nur noch das Herz schlägt", so die Ärzte am Samstagabend. Sosa hinterlässt einen Sohn und zwei Enkelkinder. Ihr Ehemann war bereits 1978 gestorben.

Haydée Mercedes Sosa wird am 9. Juli 1935 in San Miguel de Tucumán geboren. Zwar hat die Provinz Tucumán den Beinamen "Garten der Republik", dennoch ist es eine der ärmsten Provinzen im Nordwesten Argentiniens. Hier stehen die riesigen Zuckerrohrplantagen, auf denen sich die Tagelöhner für wenig Geld zur Ernte verdingen.

Sosa stammt aus einfachen Verhältnissen. Schon als Kind singt und tanzt sie. Bereits in den 1950er-Jahren nimmt die 15-Jährige unter Pseudonym an einen Gesangswettbewerb im Radio teil, und gewinnt den ersten Preis: zwei Monate Auftritt und Mitarbeit im Sender. Es ist ihre Stimme, die die Menschen in ihren Bann zieht. 1959 veröffentlicht sie ihr erstes Album: "Canta Mercedes Sosa / La voz de la zafra" -Mercedes Sosa singt / Die Stimme der Zuckerrohrernte.

Ihre Stimme und ihr soziales Engagement werden sie ihr Leben lang begleiten. In den 1960ern ist sie eine der wichtigsten Vertreterinnen des Canto Popular - des neuen Volksliedes, das die soziale Situation in den südlichen Ländern des Kontinents mit der traditionellen Musik besingt und dabei zugleich mit modernen Musikelementen verbindet.

Den Durchbruch in Argentinien schafft Sosa 1965 mit ihren Auftritt beim Folklorefestival in der argentinischen Kleinstadt Cosquín. Zwei Jahre später hört man ihre Stimme und Lieder in ganz Europa und den USA.

1976 putschen sich die Militär an die Macht. Sosas Ablehnung der Diktatur ist öffentlich bekannt. Sie erhält Auftrittsverbot, ihre Platten werden verboten. Dennoch geht sie auf die Bühne und wird 1979 in La Plata bei einem Konzert von der Bühne herunter kurzzeitig verhaftet. Daraufhin geht sie zunächst nach Paris, später nach Madrid ins Exil. Aber schon im Februar 1982, einige Monate bevor die Militärs die Macht wieder abgeben müssen, kehrt sie nach Buenos Aires zurück und gibt 13 legendäre Konzerte im Teatro Opera, die sie auch in ihrem Heimatland eine Ikone den Widerstand gegen die Diktatur werden lassen.

Auch nach der Rückkehr Argentiniens zu Demokratie mischt sie sich auf ihre Weise in die Politik ein. In den 1990er-Jahren steht sie in Opposition zum peronistischen Präsidenten Carlos Menem. Nach den Wirren der Wirtschaftskrise von 2001 unterstützt sie den 2003 ins Präsidentenamt eingezogenen Néstor Kirchner und dessen Politik der Aufarbeitung der Verbrechen der Diktatur.

Die Liste ihrer Ehrungen ist lang. Insgesamt veröffentlicht Mercedes Sosa über 40 Alben. Immer wieder geht sie mit nationalen und internationalen Musikern auf die Bühne. Die Bandbreite reicht dabei von Rockern wie Charly García bis zum Operntenor Luciano Pavarotti. Bis sie 2003 erstmals ernsthaft erkrankt; zwei Jahre kann sie nicht singen und auftreten. 2007 feiert sie ihr Comeback. Anfang des Jahres stellte sie ihr neues Album "Cantora" vor, auf dem sie mit lateinamerikanischen Musikern wie Shakira, Charly García und Caetano Velozo zu hören ist. Auch Fito Paéz ist darauf zu hören, der über La Negra sagt "sie ist die beste Sängerin Argentiniens und die Stimme Lateinamerikas".

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