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@ Oma Soleder: offenbar waren Sie wohl noch nie in Lateinamerika, dass Sie diese Frage stellen. Es war ein Kontinent der Ausplünderung durch US-Konzerne und mit ihnen verbündete Oligarchen, Todesschwadronen und rechtsgerichtetem Militär, das Massen- und Völkermord u.a. an Indios, Mayas usw. durchführte. Links ist Chavez schon deshalb, weil er große Teile der Profite aus dem Erdöl nicht für private Zwecke einer Oligarchie, sondern für Gesundheits-, Bildungs- und Ernährungsprogramme ausgibt. Links ist er, weil er Schlüsselindustrien verstaatlicht und die Bewaffnung von Volkskomitees ermöglicht, die jede Rückkehr der Herrschaft der Oligarchen verhindern.
Und was die Synagogen betrifft, meinen Sie vermutlich Protestaktionen gegen den Gaza-Krieg in Venezuela, ein Krieg, der von der UN, im Bericht des Ermittlers Goldstone, als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit qualifiziert wurde. Ich kann nicht nachvollziehen, warum Proteste gegen Verbrechen gegen die Menschheit falsch sein sollen.
Was bitte ist an Hugo Chavez links? Er lässt missliebige TV-Sender schließen, seine Anhänger durch Synagogen marodieren, fällt durch sexistische "Aussetzer" aus und will Päsident auf Lebenszeit sein. Da fallen mir andere Attribute ein.
Herr Dilger, ich wundere mich nicht, dass es dort, wo in Lateinamerika freie Entscheidungen möglich sind, nur eine Perspektive gibt: nämlich Links, die Seite der Entrechteten. Pathetisch, aber wahr. Nur sollte man es nie vergessen, wie Chavez immer auch an die Sicherung der Macht gegen rechte CIA-Putschisten zu denken, um nicht wie Zapatero vom reaktionären und kriminellen Militär gesetzwidrig im Schlafanzug per Flugzeug außer Landes expediert zu werden. Eine Herrschaft gegen Oligarchie und Ausbeutung darf nicht unbewaffnet sein.
Deutsche Flaggen an Wohnhäusern beängstigen mich. Das liegt an der AfD und dem Ergebnis der Europawahl. Aber es ist Zeit, die Angst los zu werden.
Kommentar Uruguay: Tupamaro an die Front
Europa sollte sich von Uruguays Tradition direkter Demokratie inspirieren lassen. Dass das Ziel jedoch dieses Mal knapp verpasst wurde, ist bitter.
Ausgerechnet der 75-jährige "Pepe" Mujica sorgt in Uruguay für frischen Wind. Nach seinem klaren Vorsprung in der ersten Runde der Präsidentenwahl scheint der Sieg des früheren Stadtguerilleros in der Stichwahl Ende November nur noch eine Formsache zu sein. Auf Lateinamerika bezogen, bedeutet dies: Die rosarote Welle, die 1998 mit dem ersten Wahlsieg von Hugo Chávez in Venezuela einsetzte, ist noch lange nicht zu Ende. Als größtes Vorbild nennt Mujica Brasiliens Lula, doch auch zu den anderen linken Präsidenten des Subkontinents passt er recht gut.
Was allerdings die politische Kultur betrifft, ist das kleine Uruguay in mancherlei Hinsicht weiter als seine Nachbarn. So sind dem Personenkult enge Grenzen gesetzt: Nie erwog Staatschef Tabaré Vázquez ernsthaft eine Verfassungsänderung, die es ihm erlaubt hätte, sich der sofortigen Wiederwahl zu stellen. Auch seinen Wunschkandidaten für die Nachfolge, den Wirtschaftsminister Danilo Astori, konnte der sonst recht autokratisch regierende Sozialdemokrat nicht durchsetzen - die Basis der Linksallianz Frente Amplio (Breite Front) entschied sich in der Vorwahl klar für den volksnahen, fortschrittlicheren Mujica.
Europa wiederum sollte sich von Uruguays Tradition direkter Demokratie inspirieren lassen. Regelmäßig kann das Wahlvolk über Referenden bei wichtigen Weichenstellungen mitreden. Am Sonntag hätten die UruguayerInnen das umstrittene Amnestiegesetz aus dem Jahr 1986 annullieren können, das den meisten Schergen der Militärdiktatur bis heute Straffreiheit garantiert.
Dass dieses Ziel knapp verpasst wurde, ist bitter. Mitverantwortlich war wohl die halbherzige Unterstützung durch die Regierungslinke - und die Tatsache, dass das Anliegen in den Medien von der Präsidentenwahl überschattet wurde. Einen Ausweg schlug Mujica noch in der Wahlnacht vor: Wahlen und Volksabstimmungen sollten künftig getrennt stattfinden.
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Kommentar von
Gerhard Dilger
Autor*in