Winterspiel-Bewerbung für 2018 in Bayern: Gewählte Durchwinker

Der Widerstand gegen die Winterspiele 2018 in Bayern wächst. Ernst genommen wird er von den Gemeinden nicht.

Warmfahren für Olympia? Skifahrerin auf der Zugspitze bei Garmisch-Partenkirchen. Bild: dpa

Schneebedeckte Berghänge erheben sich mächtig über das Tal, frei von Skiliften, Pistenraupen und Schneekanonen. Grüne Wiesen liegen da, ohne dass sie eine Straße stört, ein Parkplatz oder wuchtige Neubauten. So hat es ein Künstler schwülstig auf Gemälde gebannt, die die Wände im Sitzungssaal des Gemeinderats füllen. Darunter sitzen an diesem Abend die gewählten Volksvertreter und beschließen wenig Idyllisches. Es geht um neue Straßen und Bauprojekte für hunderte Millionen Euro. Die Bewerbergesellschaft will es so, alles damit 2018 die Olympischen Winterspiele in Bayern stattfinden können.

Am Mittwoch haben der Stadtrat von München und der Gemeinderat von Garmisch-Partenkirchen dem Bewerbungskonzept für Olympia 2018 zugestimmt. Sollte die deutsche Bewerbung den Zuschlag bekommen, würde das wohl zwischen 2,9 und 3,5 Milliarden Euro kosten. Bislang konnten die Olympiafans auf eine breite Zustimmung bauen. Man versprach ökologisch nachhaltige Spiele wie nie. Doch seit wenigen Wochen wächst vor allem in Garmisch der Widerstand.

"Eine Veranstaltung wie diese ist für einen Ort wie Garmisch-Partenkirchen um Potenzen zu groß", meint etwa der Bund-Naturschutz Kreisvorsitzende Axel Döring. "Unsere ganze Landwirtschaft kommt quasi für zwei Jahre zum Erliegen", beschwert sich Josef Glatz von der Weidegenossenschaft Garmisch. Die Olympia-Organisatoren planen, von Bauern Weideflächen zu pachten, um darauf ein Medienzentrum zu bauen. Mindestens 120 Eigentümer seien betroffen, sagt Glatz. Er droht: "Wenn die Grundstückseigentümer nicht mitmachen, dann hat sich die Sache schnell erledigt."

Man müsse die Sorgen der Bürger ernst nehmen, fand die örtliche CSU und beantragte nun, mit einem Ratsbegehren die Bürger über die Olympia-Bewerbung entscheiden zu lassen. "Nach der Ski-WM 2011 wollten wir eigentlich den Gemeindehaushalt konsolidieren, wenn wir das jetzt ändern, müssen wir die Menschen fragen", meint Fraktionschefin Elisabeth Koch.

Die CSU hat in Garmisch keine Mehrheit. Der Bürgermeister Thomas Schmid hat sich vor zwei Jahren von der CSU losgesagt und regiert komfortabel mit seiner eigenen Wählergemeinschaft. Als er an diesem Abend in den Gemeinderat kommt, trägt er demonstrativ einen "München 2018"-Anstecker.

Auch Elisabeth Koch von der CSU trägt einen Olympia-Anstecker. Sie will nicht gegen die Spiele sein, nur dafür, dass die Bürger entscheiden. "Die Winterspiele sind eine so große Sache, dass jeder mitbestimmen sollte", sagt sie. "Wir sind die Lachnummer in ganz Deutschland", antwortet ein Parteifreund des Bürgermeisters unter dem Applaus der Garmischer auf der Zuschauertribüne. Koch meint: "Wovor haben Sie Angst?" Doch der Bürgermeister verurteilt schon die Diskussion über einem Bürgerentscheid: "Wir sind leider in eine Situation manövriert worden, wo die Bewerbung Schaden nehmen musste", sagt Schmid. Es wird deutlich: Olympia und demokratische Mitbestimmung passen nicht zusammen. Am hilfreichsten für eine Bewerbung sind Volksvertreter, die sich ohne Kompromisse hinter die Pläne stellen. Politiker wie der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD).

"Unmöglicher, unseriöser und unqualifizierter kann man im internationalen Rahmen nicht auftreten", holzte Ude gegen den Vorstoß der Garmischer CSU, der von der dortigen SPD mitgetragen wurde. Die beiden Parteien stellten "sich als kleine, radikale Minderheit dar", so Ude. Die beiden Kommunen stimmten am Montag mit dem Bewerbungskonzept auch dafür, für drohende finanzielle Risiken durch die Spiele zu haften. Und das, obwohl die Bewerbergesellschaft sich über konkrete Zahlen noch weitgehend ausschweigt.

Eine Umfrage im bayerischen Oberland habe eine Zustimmung von ungefähr 70 Prozent für Olympia ergeben, erklärt der Geschäftsführer der Bewerbergesellschaft, Richard Adam. Was daran nachhaltig sein solle, ein Medienzentrum auf der grünen Wiese zu bauen, fragt ein Stadtrat. Der Bewerber-Vertreter: "Das wird nachher wieder zurückgebaut. Für uns ist das nachhaltig." Um das Image der grünen Spiele zu pflegen, gründeten die Organisatoren eine Fachkommission mit Vertretern von Umweltverbänden. Viele Gruppen haben sich aus Protest wieder zurückgezogen. "Wir haben festge- stellt, dass wir nur dazu da waren, die Bewerbung erfolgreich zu machen", sagt BN-Kreischef Döring.

Den Vorstoß der CSU blockt der Gemeinderat mit 20 zu 10 Stimmen ab. Dann geht es um ein anderes Thema: die Ski-WM. Der Umbau der Abfahrtspiste ist teurer geworden als geplant. 40.000 zusätzliche Euro für neue Sicherheitsnetze werden abgesegnet, 120.000 Euro für deren Auf- und Abbau und 470.000 Euro für eine "Aufstockung der Hauptpumpstation".

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