Neue Heitmeyer-Studie: Europa der Vorurteile

Erstmals wurde die so genannte "Heitmeyer-Studie" zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auch im europäischen Ausland durchgeführt. In allen Ländern stark: Islamfeindlichkeit.

Gutes Beispiel für die neue Islamfeindlichkeit. Bild: ap

BERLIN taz | Vorurteile gegen Minderheiten sind in Europa in einem "alarmierenden Ausmaß" verbreitet. Das zeigt eine Studie, die das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld in acht europäischen Ländern durchgeführt hat.

JedeR zweite EuropäerIn aus diesen Ländern stimmt den Aussagen "Es gibt zu viele Einwanderer" und "Der Islam ist eine Religion der Intoleranz" zu. 43 Prozent der Befragten halten Homosexualität für unmoralisch, fast ein Drittel geht von einer "natürlichen Hierarchie zwischen schwarzen und weißen Menschen" aus, ein Viertel unterstellt, dass "Juden zu viel Einfluss" haben.

Die WissenschaftlerInnen haben für ihre repräsentative Studie je 1.000 Staatsbürger in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Italien, Portugal, Polen und Ungarn befragt. Sie zeigen, dass unterschiedliche Vorurteile in einem "Syndrom der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit" zusammenhängen. Wer also für ein Vorurteil anfällig ist, ist dies mit großer Wahrscheinlichkeit auch für andere. Denn der Kern, so die Wissenschaftler, sei "eine Ideologie der Ungleichheit". Für Deutschland untersuchen die Bielefelder dies seit vielen Jahren in einer Langzeitstudie unter der Leitung von Wilhelm Heitmeyer, auf europäischer Ebene ist es die erste Studie dieser Art.

"In Europa werden diese Vorurteile weitgehend geteilt", sagt Psychologie-Professor Andreas Zick, auch wenn das Ausmaß der Zustimmung in den acht Ländern unterschiedlich sei. Im Durchschnitt sind die untersuchten Vorurteile in Polen und Ungarn am höchsten und in den Niederlanden und Großbritannien am wenigsten ausgeprägt. Doch von dieser Tendenz gibt es auch Ausreißer: So würden besonders viele BritInnen eine Partei wählen, die Einwanderung begrenzt.

Besonders viele NiederländerInnen würden nicht in ein Wohnviertel ziehen, in dem viele MigrantInnen leben. Deutschland liegt bei allen Fragen im Mittelfeld. Auffällig ist, dass es beim Antisemitismus große Unterschiede zwischen den Ländern gibt; besonders in Polen und Ungarn ist er stark ausgeprägt, in Großbritannien und den Niederlanden eher schwach. Bei der Islamfeindlichkeit ist dies nicht der Fall: Die Zustimmung ist in allen Ländern hoch.

Zu den Ursachen für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gehören nach Ansicht der Wissenschaftler autoritäre Einstellungen, ein subjektives Gefühl der Bedrohung durch Fremde und die Zurückweisung von kultureller Unterschiedlichkeit.

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