Kommentar Islands Schulden: Später zahlen, schneller erholen

Das isländische Volk stimmt über die Rückzahlungen an ausländische Gläubiger der Icesave-Bank ab. Für den Schaden aufkommen wollen die Isländer zu Recht nicht.

Islands Staatschef Ólafur Grímsson hat beschlossen, seine Landsleute über Rückzahlungen an ausländische Gläubiger der zusammengebrochenen Bank Icesave entscheiden zu lassen. Und die Mehrheit wird wohl gegen eine Entschädigung stimmen. Damit brüskiert Island nicht nur die Gläubiger, namentlich Großbritannien und die Niederlande, sondern auch den IWF und die Finanzwelt insgesamt. Na und?

Es ist nur verständlich, dass die Isländer nicht für Gelder aufkommen wollen, die private Banker schuldenfinanziert verzockt haben - die zu entschädigende Summe entspricht etwa der Hälfte der Kosten des isländischen Gesundheitssystems. Wenn der IWF nun damit droht, die bereits zugesagten Notkredite für den bankrotten Inselstaat zu kappen und auch der EU-Beitritt auf der Kippe stehen soll - dann erinnern diese Drohgebärden doch arg an die Asienkrise Ende der 1990er-Jahre.

Damals machte der IWF schon einmal Ländern die Kürzung von Staatsausgaben und die Liberalisierung der Finanzmärkte zur Maßgabe für Hilfskredite - und würgte damit die Wirtschaft endgültig ab. Diejenigen, die sich dem IWF widersetzten, entkamen der Rezession auch am schnellsten. Argentinien weigerte sich 2002 gar völlig, die Schulden zu begleichen. Das Land erholte sich und ist in diesen Tagen bereit, mit einer langsamen Entschädigung zu beginnen.

Der Verlust für Großbritannien und die Niederlande ist gewiss bedauerlich. Aber dies ist nicht dem einzelnen Isländer anzulasten, sondern der unzureichenden Regulierung auf den Finanzmärkten. Wer sein Gespartes dubiosen Bankern anvertraut, trägt auch das Risiko. Die Icesave-Sparer haben Pech gehabt. Vielleicht bedarf es genau solcher Erfahrungen, um mit dem undurchsichtigem Gebaren auf den Finanzmärkten endlich aufzuräumen. Die Schuldner sitzen in London, Brüssel und Berlin.

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war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

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