Rüstungslobbyist vor Gericht: Prozess ohne Zirkus und Schäuble

Ab Montag steht Karlheinz Schreiber in Augsburg vor Gericht. Brisante Enthüllungen zum CDU-Spendenskandal sind kaum zu erwarten. Die Bestechungsvorwürfe sind wahrscheinlich verjährt.

Der ehemalige Rüstungslobbyist Schreiber steht ab dem heutigen Montag in Augsburg vor Gericht. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Er wird auspacken, eine Erklärung abgeben, verlesen von einem seiner drei Anwälte. So offensiv wird Karlheinz Schreiber, 75, den Prozess beginnen. Der ehemalige Rüstungslobbyist, zentraler Akteur im CDU-Spendenskandal von 2000, intimer Kenner des CSU-Spezlwirtschafts-Sumpfs unter Franz Josef Strauß, steht ab dem heutigen Montag in Augsburg vor Gericht.

Schreiber muss sich wegen Steuerhinterziehung und Beihilfe zum Betrug verantworten. Ihm wird vorgeworfen, rund 11 Millionen Euro an Steuern hinterzogen zu haben. Zudem soll er bei einem angeblichen 100-Millionen-Euro-Geschäft zwischen der Firma Thyssen und saudi-arabischen Geschäftspartnern Beihilfe geleistet haben, bei dem es sich tatsächlich um eine Schmiergeldzahlung gehandelt haben soll.

Er werde einen "Riesenzirkus" auslösen, hatte Schreiber bei seiner Auslieferung aus Kanada im vergangenen Jahr angedroht. Es war eine Drohung ohne Substanz.

Tatsächlich taugt der seit Jahren erwartete Prozess am Landgericht kaum dazu, politische Erdbeben zu verursachen. Die besonders brisanten Korruptionsvorwürfe gegen Schreiber sind nach Ansicht der Augsburger Richter wahrscheinlich bereits verjährt.

Der bestens mit Politik und Rüstungsindustrie vernetzte Geschäftsmann Schreiber vermittelte 1991 die Lieferung von 36 Fuchs-Spürpanzern des deutschen Rüstungskonzerns Thyssen an Saudi-Arabien. Dafür bekam Schreiber zweistellige Millionenbeträge an Provision, die er nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht ordnungsgemäß versteuerte. Politisch brisanter ist, was Schreiber mit den Geldern machte: Er zahlte 3,8 Millionen Mark an den damaligen Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Ludwig-Holger Pfahls. Der Sohn des verstorbenen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, Max Strauß, war lange Zeit angeklagt, weil Schreiber für ihn Millionen aus Rüstungsgeschäften auf einem Schweizer Konto hinterlegt haben sollte. Strauß wurde freigesprochen.

CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep erhielt eine Parteispende von 1 Million Mark. Dem früheren CDU-Chef und heutigen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will Schreiber 100.000 Mark in einem Koffer übergeben haben. Schäuble hat das immer bestritten. In Augsburg ist Schäuble nicht als Zeuge geladen.

Im Zentrum des Prozesses steht die Anklage gegen Schreiber wegen Steuerhinterziehung. Die Staatsanwaltschaft wirft in ihrer Anklage Schreiber zwar auch Bestechung vor. "Das ist eine rechtlich klare Sache, die Bestechung ist verjährt", sagt dagegen Schreibers Anwalt Stefan von Moers.

Entsprechend schweigsam war Schreiber bislang während der Untersuchungshaft. Die angekündigten Enthüllungen über die Politik blieben aus. Mit Erfolg: Das Gericht zweifelt ebenfalls, ob Schreiber nach so langer Zeit noch dafür verurteilt werden kann. In einem Haftbefehl im vergangenen Oktober verzichteten die Richter bereits auf den Vorwurf der Korruption.

"Das ist alles Gegenstand des Verfahrens", sagt Gerichtssprecherin Susanne Weber. Jedoch sei es Sache der Richter, zu entscheiden, welche Beweise sie erheben, so Weber. Die Staatsanwaltschaft kann während der Verhandlung Beweisanträge stellen. Dort heißt es, man wolle erst einmal den Prozess abwarten.

Prominente Schreiber-Freunde aus der Politik sind bislang jedenfalls nicht unter den geladenen Zeugen. Nur die bereits verurteilten alten Bekannten Ludwig-Holger Pfahls und der frühere Thyssen-Manager Winfried Haastert. Sie werden Ende Februar aussagen. Der Prozess wird mindestens bis Mai dauern.

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