Pannenserie bei Autokonzern: Toyotas "Weg in die Schande"

Nun sorgen beim japanischen Autoproduzenten auch die Bremsen für Probleme. Der Absatz auf dem US-Markt bricht ein. Firmenchef Toyoda taucht ab.

Sollten bei einem Auto immer funktionieren: Die Bremsen. Bild: reuters

TOKIO taz | Es hagelt weiter schlechte Nachrichten für Toyota. Nach dem Millionen-Rückruf wegen defekter Gaspedale ist der Absatz in den USA im Januar um ein Sechstel auf ein Zehnjahrestief eingebrochen. Die US-Regierung drohte dem Konzern Strafen an, weil er zu langsam auf die klemmenden Gaspedale reagiert habe. Und nun weitet sich die Pannenserie mit Beschwerden über mangelhafte Bremsen beim Hybridmodell Prius aus. In den USA soll es 100 Fälle und in Japan 14 Fälle gegeben haben. Die US-Verkehrssicherheit will zudem untersuchen, ob die plötzlichen Beschleunigungen nicht doch durch eine fehlerhafte Elektronik ausgelöst werden.

Für den Absatzknick in den USA machte Toyota den Verkaufsstopp für acht Modelle verantwortlich. "Es ist sehr schwer, die Wirkung des Rückrufs einzuschätzen", wiegelte Bob Carter, Toyota-Vizechef in den USA, ab. Doch in der japanischen Konzernzentrale ist man ehrlicher. Nach großen Rückrufen breche der Absatz in der Regel um über 20 Prozent ein, räumte Toyota-Vizepräsident Shinichi Sasaki, zuständig für die weltweite Qualität, ein. Er stellte auch das Absatzziel von 8,3 Millionen Fahrzeugen für 2010 in Frage. Denn Toyotas wichtigstes Verkaufsargument - die zuverlässige Qualität - überzeugt nicht mehr.

Das über Jahrzehnte aufgebaute Image ist auf lange Zeit schwer beschädigt. In den Toyota-Fabriken gibt es Reißleinen, mit denen jeder Arbeiter die ganze Montagestraße anhalten kann, um einen Fehler sofort zu beheben. Doch nach dem Rückruf am 21. Januar wurden die mangelhaften Gaspedale noch mehrere Tage lang eingebaut. Erst als die US-Verkehrssicherheitsbehörde Toyota zum Handeln aufforderte, wurden Produktion und Verkauf gestoppt. Die Konzernführung hatte also ihr eigenes Fertigungsprinzip über längere Zeit missachtet.

Innerhalb des Konzerns sind sich die Mitarbeiter über die Ursachen dieses Debakels nicht einig. Toyota sei zu schnell zu groß geworden, lautet ein internes Geständnis. Dabei sei die Qualität auf der Strecke geblieben.

Vizechef Sasaki teilt diese Meinung zwar nicht. Doch Mitte des Jahrzehnts steigerte der Konzern die Fertigungskapazität um eine halbe Million Stück jährlich - so schnell ließen sich die vielen neuen Mitarbeiter gar nicht im Toyota-Denken schulen. Dazu gehören die ständige Verbesserung und eine schlanke Produktion im Sekundentakt. Dadurch war Toyota weltweit für Firmen wie Porsche und Ford zum Vorbild geworden.

Firmenchef Akio Toyoda, ein Enkel des Autokonzern-Gründers, zog schon vor einigen Monaten eine Parallele zu dem "Weg in die Schande", den Management-Guru Jim Collins in seinem letzten Bestseller beschreibt. Dieser Weg sieht fünf Stufen vor: Die erste Phase ist die "aus dem Erfolg geborene Überheblichkeit", dann kommt die "undisziplinierte Verfolgung des Mehr" und die "Verneinung von Risiko und Gefahr". Toyoda sah seine Firma im Oktober kurz vor der vierten Stufe, der "Kapitulation in die Irrelevanz und den Tod". Dies sagte er, kurz nachdem vier US-Amerikaner in einem Lexus ums Leben gekommen waren.

Auf der vierten Stufe suche die Firma nun nach der Rettung. "Aber sie kommt nicht von mir", betonte Toyoda damals. "Wir müssen auf unsere Kunden hören und bessere Autos bauen."

Jetzt hat die Realität seine düstere Einschätzung eingeholt. Auch Toyoda selbst scheint davon geschockt zu sein. Nach einer 75 Sekunden langen Entschuldigung vor einer Fernsehkamera ist der Firmenchef abgetaucht. Aber er hat seinem Vize Sasaki "völlig freie Hand" gegeben, die Qualität wiederherzustellen.

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